Es ist der Traum eines jeden ambitionierten Bergsteigers: einmal auf dem Gipfel eines 8000ers zu stehen. Bergsteigen und Klettern boomt derzeit wie kaum eine andere Sportart. Expeditionen in extreme Höhen selbst sind aber nur wenigen Sportlern vorbehalten und faszinieren doch jeden, der gern auf Berge steigt. Michael Hrobath aus Salzburg machte sich im Juni 2017 auf den Weg nach Pakistan, um sich dort den Traum vom 8000er zu erfüllen.
Der Broad Peak ist mit seinen 8051 Metern der zwölfthöchste Gipfel der Welt. Eingesäumt vom K2 und dem Gasherbrum Massiv liegt der Berg in der spektakulären Gebirgsregion des Karakorums an der Grenze zwischen Pakistan und China. Genau 60 Jahre nach der Erstbesteigung durch vier seiner Landsmänner wird er entlang der Erstbesteigungsroute in die Fußstapfen der Bergpioniere Buhl, Diemberger, Schmuck und Wintersteller treten.
Mehr Menschen im All als auf dem Broad Peak
Weniger als 500 Bergsteiger haben in diesen 60 Jahren den Gipfel erklommen. Zum Vergleich: Am Mount Everest sind jedes Jahr mehr als 500 Bergsteiger unterwegs. Der Broad Peak ist als unmittelbarer Nachbar des alles überragenden K2 eine abgeschiedene Herausforderung in einer der schönsten Gebirgsregionen der Welt. Viele Monate hat die Vorbereitung, das Training und die Organisation in Anspruch genommen. Über 6 Wochen sind die Alpinisten in Pakistan unterwegs. Alleine der Anmarsch zum Basislager dauert 6 Tage. Dann folgt der Aufbau der Lagerkette, die Versicherung der schwierigen Kletterpassagen mit Fixseilen und die Akklimatisation. All das für ein paar Minuten am Gipfel eines der höchsten Berge der Welt.
Die hohen Berge sind unsere Sehnsüchte
Warum ich auf einen 8000er steige? Ich liebe das Abenteuer und alles, was dazu gehört: das Training, fremde Länder und Kulturen, die Konzentration, das Risiko und natürlich die vielen neuen Erlebnisse und Eindrücke. Ich habe mich im Laufe der letzten Jahre immer weiter aus der Komfortzone gewagt. So führten mich meine Reisen und Expeditionen in den Iran, nach Uganda, nach Argentinien, nach Russland oder nach Tansania um die jeweils höchsten Berge zu besteigen. Als Training für den Broad Peak war ich in den vergangenen Monaten zumeist in den technisch anspruchsvollen Alpen unterwegs. Eines meiner schönsten Bergabenteuer war die Besteigung des Piz Bernina bei Traumbedingungen und die Abfahrt desselben mit Skiern durch eine der längsten Gletscherabfahrten Europas.
Training für die Todeszone
Wie trainiert man für solch eine Expedition? Als erstes habe ich gemeinsam mit meinem guten Freund und Sportwissenschafter Max Hanke einen 12-monatigen Plan ausgearbeitet, um Ausdauer, Technik und Kraft gezielt zu trainieren. Berglauf, Klettern, Radfahren, Skitouren und natürlich zahlreiche Bergtouren standen auf dem dichten Trainingsplan. Einen wichtigen Anteil für den Erfolg hat auch immer das mentale Training. Wenn die Einstellung im Kopf nicht stimmt, macht auch der Körper nicht mit. Ich visualisiere die Anreise, den Anmarsch, die Tage im Basislager und verknüpfe schon vorher diese Gedanken mit positiven Gefühlen. Ich stelle mir vor, wie ich klettere, wie ich verschiedene Aufgaben am Berg löse und wie ich am Gipfel stehe. Dann gehe ich im Kopf den Weg wieder runter, seile mich ab und stelle mir vor, wie ich mich fühle, wenn ich das Lager erreiche und schließlich daheim ankomme. All das hilft, in Extremsituationen das Maximum aus sich heraus zu holen. Der Körper ist nicht geschaffen, um in der Todeszone zu funktionieren. Auch schon in geringeren Höhen arbeitet der Körper nicht mehr, wie man das gewohnt ist. Der Sauerstoffmangel, die Anstrengung und die Kälte machen einen langsam, sowohl in der Bewegung als auch im Denken. Das sind Dinge, die kann man nicht wirklich trainieren aber man kann sich im Kopf darauf vorbereiten. Man sieht ja oft, wie wenig gut akklimatisierte Bergsteiger wanken, als wären sie betrunken oder falsche Entscheidungen treffen. Hier braucht ein gutes Körpergefühl und ein Team, das aufeinander achtgibt.
Ernährung ist ein wichtiger Punkt
Kurz vor meinem Aufbruch habe ich zwei Interviews am Salzburger Untersberg gegeben. Jeder der Ausdauersport betreibt, sollte auf seine Ernährung achten, daher habe auch ich eine medizinische Begleitung in Anspruch genommen und mich durch Herrn Dr. Udo Böhm beraten lassen. Dr. Böhm, ein Experte auf dem Gebiet der Sportwissenschaften, erstellte meinen Ernährungsplan sowie einen Mix aus erforderlichen Vitamine, Nahrungsergänzungsmittel und Nähstoffe für die körperlichen Belastungen im Rahmen dieser Expedition.
Tag 1 – 5
KARAKORUM-HIGHWAY
Mit dem Flugzeug geht´s von Wien aus nach Islamabad in Pakistan. Auf dem Karakorum Highway, der sich von Islamabad nach Skardu schlängelt, wäre bei uns jeder einzelne Meter gesperrt. Felsbrocken überall auf der Straße und bedrohlich darüber, fehlende Leitplanken, Abgründe und Schwerverkehr ohne Skrupel machen die Straße zu einer der gefährlichsten der Welt. Zwei volle Tage dauert die Fahrt, die wir Inschallah (Gott sei Dank) ohne gröbere Probleme überstehen. Am Weg sehe ich zum ersten Mal einen 8000er, den Nanga Parbat, den Schicksalsberg. Beim Anblick des weißen Riesen und beim Gedanken an die Schauergeschichten bohrt sich ein dumpfes Gefühl in meine Magengrube. Das Gefühl hat mich leider nicht getäuscht – zwei Wochen später verloren zwei Kletterkollegen an diesem Berg tragisch ihr Leben. Zuvor aßen wir mit den beiden in Islamabad ein letztes Mal gemeinsam zu Abend.Die Enttäuschung über den ausgefallenen Flug nach Skardu wich bei all den Steilkurven, Hindernissen, Schluchten und dem reißenden Indus-Tal aber der Begeisterung. Diese Anreise ist ein Abenteuer für sich. Langsam schlängeln wir uns entlang des Flusses hinauf ins Karakorum. Der Indus verbindet die höchsten Gebirge der Welt und durchschneidet sie vom Kailash im Himalaya bis zum arabischen Meer. In Skardu schlafen wir zum letzten Mal für 5 Wochen in einem Bett, haben noch ein letztes Mal Internetzugang, ein Bad und Strom. Jeder genießt die Vorzüge der Zivilisation in vollen Zügen bevor wir uns dann auf den ungemütlicheren Teil der Reise vorbereiten.
Tag 6
ASKOLE
Wir verabschieden uns von der Zivilisation. In Askole, das wir nach einer rund 5-stündigen Jeep-Tour erreichen, stellen wir zum ersten Mal die Zelte auf. Ich durfte schon über 50 Länder bereisen, einfacher und härter als in diesen Bergdörfern kann das Leben jedoch kaum wo sein. Die Träger, die wir für den Marsch zum Basislager benötigen, rekrutieren wir in diesem Dorf. An die 70 Männer werden unser Material, die Ausrüstung, das Gepäck und unser Essen ins Basecamp schaffen. Sind aber eh nur 120 km bis zum Lager.
Tag 7
JHOLA
Der Trek beginnt. Der feine Quarzsand, der in den Schuh kriecht und über 30°C lassen eher auf einen Mittelmeerurlaub schließen als auf einen Trek in mittlerweile über 3000m. Die eiskalten Gletscherflüsse, die es auf dem Weg ins erste Lager zu überwinden gilt, spenden hie und da eine Abkühlung. Auf den beiden Seiten des Tals ragen die charakteristischen, schroffen, spitzen Felstürme des Karakorums hinauf. In Jhola schütteln wir uns den Sand ab und genießen unser erstes Abendessen in der Wildnis: Es gibt Dhaal, Reis, Chapati und Gemüse. Dazu frisch gekochter Flusswasser-Tee. Dann wird geschlafen!
Tag 8 – 9
PAIJU
Der Anmarsch ist lang, hart und die Sonne brennt unermüdlich in das Flusstal, entlang dem wir rund 6 Stunden nach Paiju marschieren. Mitten zwischen den kahlen Felsen erblicken wir die grüne Oase, in der wir einen Ruhetag einlegen, um uns besser zu akklimatisieren. Es wird das letzte Mal für viele Tage sein, dass wir Bäume sehen und auf deren Ästen unsere durchgeschwitzte Kleidung zum Trocknen aufhängen können. Der Ruhetag wird der Körperpflege, Wäsche, Ausrüstung und Entspannung gewidmet. Wir genießen die Ruhe, den kühlen Schatten der Bäume und das gute Essen. Von den 4 Ziegen, die uns begleiten, sind am Abend nur noch 3 übrig. Die scharf gegrillten Spieße von unserem Chefkoch Abid Ali bereichern das Abendessen.
Tag 10
URDUKAS
In rund 70 km Entfernung wartet der Broad Peak. Wir haben ihn bei einer kleinen Wanderung von Paiju aus auf 4000m gestern das erste Mal gesehen. Zwischen uns und dem Berg liegt noch der Baltoro, den wir heute betreten. Der Gletscher ist einer der mächtigsten der Welt, gespeist von den 8000ern des Karakorums. Wir passieren haushohe Eistürme, Gletscherriesen und treten mit tausenden Schritten über Millionen von Steinen, die der Baltoro vor sich hin spült. Wir passieren außerdem einige der spektakulärsten Felsformationen der Region. Aus den Nebelschwaden ragen die Trango Towers, die Kathedrale und der Nameless Tower in die Höhe. Kletterern wird trotz des heute kühlen Wetters ganz warm ums Herz beim Anblick der legendären Türme. Der Weg zum nächsten Lager, Urdukas, ist wieder lang und extrem beschwerlich. Das Lager ist schön gelegen aber der Regen macht den Aufenthalt leider etwas ungemütlich. Wir sind bereits knapp über 4000m – die Hälfte der Höhenmeter ist geschafft…
Tag 11
GORO II
Es regnet beim Abmarsch und wir ziehen uns die Kapuze tief ins Gesicht. Heinz und ich gehen früh los und gehen am Gletscherrand rund 30 Minuten, als wir in der Mitte des Gletschers ein paar Träger entdecken. Wir haben wohl eine Abzweigung verpasst und waren nicht am richtigen Weg. Dabei sind wir dem Eselsdung gefolgt – normalerweise eine untrügliche Spur. Also wieder zurück und Richtung Gletschermitte. Eine direkte Überquerung wäre aufgrund der Spalten viel zu gefährlich. Als wir zur Gruppe aufschließen und uns erklären, meinte unser Expeditionsleiter Oscar nur, dass wir in Zukunft besser seinen Spuren als denen der Esel folgen sollen. Nach 8 Stunden Marsch erreichen wir Goro II, kein richtiges Lager, sondern eher nur ein riesiger Steinhaufen. Es wird ungemütlicher, je näher wir unserem Ziel kommen.
Tag 12
ANKUNFT IM BASISLAGER
Jetzt wird es so richtig spektakulär. Die letzte Etappe führt uns über den Concordiaplatz. Ein Traumziel für jeden Bergsteiger. Hier vereinen sich auf 4600m der Baltoro und der Godwin-Austin-Gletscher. Links geht es den Gletscher hoch zum Broad Peak und K2, rechts abgebogen wartet die Gasherbrum-Gruppe mit ihren beiden 8000ern G1 und G2 darauf, bestiegen zu werden. Hier pocht das Herz des Karakorums und unseres gleich mit. Ein paar Trekker sitzen auf roten Plastiksesseln und schauen hinauf. Wir lächeln ihnen zu aber schütteln innerlich den Kopf. Ins Karakorum zu fahren und nicht zu klettern ist wie ans Meer zu fahren und nicht zu schwimmen. Wir genießen den legendären Ort bei etwas Tee, Trockenobst, Nüssen und einer gekochten Kartoffel. Dann geht’s weiter zum Basecamp, das wir nach 3 Stunden erreichen. Die 68 Träger und 20 Mulis entladen unser Gepäck und machen sich nach der Entlohnung gleich wieder auf den Rückweg. Wir stehen mit unzähligen Kisten, Tonnen, Taschen und Säcken auf der Moräne unterhalb des Broad Peak, wo wir die nächsten 4 Wochen verbringen dürfen. Wir hacken und graben unsere Zeltplätze zurecht und stellen die Zelte auf. Im Basislager hat nun jeder sein eigenes Zelt und damit genug Platz für die ganze Ausrüstung und etwas Privatsphäre. Die Küchencrew bestehend aus Ali, Ali und Fida haben schon das Küchenzelt errichtet und die Gas-Flamme angezündet. Nach dem Abendessen fallen wir erstmals unterhalb des Broad Peaks todmüde in den Schlafsack.
Tag 13
BASISLAGER
Das Basislager liegt aufregend inmitten einer Moräne des Godwin-Austin-Gletschers unterhalb der Westseite des Broad Peak. Im Norden des Lagers, nur rund eine dreiviertel Stunde Fußmarsch entfernt, überragt der K2 mit seinen 8611 Metern alles und jeden. Südlich von uns ragt die Chogolisa in die Höhe, jener Berg, auf dem Hermann Buhl unmittelbar nach der Erstbesteigung des Broad Peak sein Leben verlor. Die Chogolisa wird bei den Balti, der Volksgruppe des hohen Norden Pakistans, als der weibliche Gegenpart zum männlichen K2 gesehen. Die Chogolisa ist auch so etwas wie unsere Wetterstation. Ist sie von Wolken eingehüllt, verheißt das für die kommenden Stunden meist auch einen Wetterumbruch auf dem Broad Peak. Westlich des Lagers ragen dann der eindrucksvolle Marble Peak und der Khal Khal Peak in die Höhe. Wir sind also einrahmt von einigen der schönsten Bergen der Welt, die uns aber leider etwas die Aussicht verdecken. Da hilft nur ein: wir müssen rauf.
Tag 14
CAMP I
Nach Tee und einem deftigen Frühstück geht es im ersten Sonnenlicht über den Gletscher in Richtung Crampon Point. Dieses kleine vorgeschobene Materiallager dient als Depot von Kletterausrüstung direkt am Fuße des Berges und ist rund eine Stunde vom Lager entfernt. Dort befestigt man auch die Steigeisen (engl. crampons) und die Seilversicherungen starten. Es ist ein gefährlicher Start in den Tag. Nach der Überquerung der Gletscherflüsse und -spalten, die jährlich ihre Opfer bereits auf dem Weg zum Berg fordern, geht es vom Crampon Point gleich steil eine felsige Rinne hinauf. Frühmorgens hält das Eis die Steine noch festgefroren im Hang, zu späterer Stunde hagelt es hier Steine in allen Größen die Flanke hinab. Wir steigen langsam und voll bepackt mit Matten, Zelten, Schlafsack, Essen, Gas und Ausrüstung los. Ein langsames Tempo war hier nicht nur aufgrund des schweren Gepäcks von Nöten, sondern dient in der Anfangsphase der Akklimatisation. Dank der Fixseile, die die Kletterpassagen erheblich entschärfen und uns durchgängig sichern, erweist sich der Aufstieg als verhältnismäßig einfach. Eine Expedition, die schon eine Woche vor uns angereist ist, hat mit Hilfe von Hochträgern und Sherpas die Fixseile bereits installiert. Wir erreichen nach wenigen Stunden den Lagerplatz des Camp 1 auf 5.600 Metern. Die wenigen guten, sicheren Plätze auf dem engen Plateau sind schon besetzt, uns bleiben nur zwei etwas schiefe Plätze abseits des Lagers. Das Camp wird nur ein-zwei Mal als Schlafplatz benutzt, danach überspringt man es sowieso und geht direkt ins Camp 2. Wir kochen uns Tee und Suppe und genießen die spanischen Spezialitäten, die Oscar immer überall mitschleppt. Chorizo und Manchego aus Spanien und natürlich Schoggi von unserem Schweizer Toni. So lässt es sich auch in den Hochlagern aushalten.
Tag 15 – 16
BASISLAGER
Wir konnten alle gut schlafen und stiegen früh wieder ab ins Basislager. Schlechtwetter war angesagt. Wir hatten den ersten Akklimatisationsgang alle mit gutem Gefühl absolviert, hatten schon einiges an Material am Berg und ein erstes Gefühl für den Aufstieg bekommen. Im Lager wurden wir von unserer Küchencrew herzlichst empfangen und wie immer bestens verköstigt. Noch bevor die Schlechtwetterfront von der Chogolisa rüber zog, waren wir alle schon in unseren Zelten. Nach einer Nacht mit viel Schnee und Wind mussten wir nun erst mal einen Tag warten, damit sich der Schnee setzen und wir weiterklettern konnten. Wir verbesserten unsere Zeltplätze, ruhten uns aus, tranken Tee, besprachen alte Bergabenteuer und feilten an unserer Ausrüstung herum. Den Kern des Lagers bildet das Essens- und Küchenzelt. Hier finden sich alle Expeditionsmitglieder zusammen und bietet auch genügend Platz für Gäste. Darum verteilt sind die Zelte der Küchencrew, des Begleitoffiziers und der Bergsteiger. Das kleine Duschzelt findet dank des kalten Wetters derzeit noch wenig Verwendung. Das Toilettenzelt über einer Gletscherspalte wird hingegen immer wieder gern aufgesucht.
Tag 17
CAMP I & II
Der Ruhetag hat uns gutgetan. Die Akklimatisation findet im Basislager statt und nicht am Berg, wie oft angenommen. In der Höhe bekommt der Körper den Anstoß, sich auf die Höhe einzustellen. Der Puls geht nach oben und der Körper bildet dabei eine vermehrte Anzahl an roten Blutkörperchen, wodurch das Blut dicker wird und mehr Sauerstoff transportieren kann. Sehr früh am Morgen stapfen wir wieder über den Gletscher hin zum Berg. Der Weg ist ein anderer als beim ersten Mal. Der Gletscher bewegt sich, bildet neue Flüsse und Teile brechen ab. Es ist Vorsicht geboten. Der Weg zum ersten Camp I ist bereits bekannt. Nach nur drei Stunden erreichen wir das Camp, lassen etwas Ausrüstung dort und nehmen andere Teile, die wir weiter oben brauchen, auf. Nach einer kurzen Pause mit Tee, Trockenobst und Nüssen geht’s gleich weiter nach oben. Wir wollen heute das zweite Camp erreichen und dort nächtigen, um die Akklimatisation weiter in Gang zu bringen. Der Weg geht so steil weiter, wie er aufgehört hat. Dank der Fixseile und dem eingehängten Jümar kann man sich immer wieder ins Seil hängen, um kurz zu rasten, und die Führungshand zu wechseln. Einige kleine Kletterpassagen in Schnee und Eis machen die zweite Etappe spannend und abwechslungsreich. Wir nähern uns auch der 6000-Meter-Marke, die man auch nicht alle Tage überschreitet. Wir spüren die Höhe. Der Sauerstoffpartialdruck sinkt hier bereits auf unter 50% im Vergleich zur Meereshöhe. Man atmet mehrmals pro Schritt und alles wird erheblich langsamer. Nach weiteren 3 Stunden haben wir das Lager II auf 6400 Metern erreicht. Das Wetter dreht langsam, die Wolken verdichten sich und wir kochen noch rasch Wasser. Der aufkommende Wind macht das Kochen nicht einfacher aber wir schaffen noch rechtzeitig, ein bisschen was zu essen, bevor man das Zelt nicht mehr verlassen kann. Die Toilette verrichten wir in Flaschen im Zelt. Der Wind hat sich mittlerweile zu einem ordentlichen Sturm ausgewachsen. Heinz und ich sitzen in jeweils einer Ecke des Zelts und hoffen, dass es hält. Wir haben keinen Funkkontakt mit den Kameraden in den anderen beiden Zelten. Der Sturm peitscht gegen die Zeltwand und man fühlt sich, als ob man zwischen zwei Güterzüge gekommen ist.
Tag 18
CAMP II
An ein Schlafen war nicht zu denken, wir sitzen in den Schlafsäcken und haben alles griffbereit um im Notfall rasch das Zelt verlassen zu können. Als es etwas heller wurde, hörten wir plötzlich Toni vor dem Zelt nach uns rufen. Im hat es das Zelt unter dem Hintern weggeblasen und hat entschieden, abzusteigen. Wir wollten noch ein wenig abwarten, bevor wir uns in das Schneetreiben hinauswagen würden. Entlang der Seile war das kein großes Problem aber es kostete etwas Überwindung, aus dem schützenden Zelt hinaus zu kriechen. Langsam wurde es etwas besser und wir konnten Funkkontakt mit Oscar, unserem Expeditionsleiter aufnehmen. „Let’s go down.“ war unsere gemeinsame Entscheidung. Wir packten, schnallten uns die Steigeisen an die Schuhe, zogen die Sturmhaube tief ins Gesicht und verließen das Zelt. Der Sturm hatte drei Zelte komplett zerlegt aber die meisten schienen unversehrt. Wir klinkten uns in die Seile und marschierten flott Richtung Lager I. Der Sturm war nach ein paar hundert Höhenmeter weiter unten nicht mehr zu spüren. Aus Angst, es könnte noch weitere Zelte und damit die Ausrüstung wegfegen, nahmen wir alles mit runter. Normalerweise lässt man Schlafsack, Matte, Daunenanzug und Verpflegung im Camp II. Nun müssen wir beim nächsten Mal alles wieder hochschleppen. Ein Wehrmutstropfen aber allemal besser, als die lebenswichtigen Ausrüstungsgegenstände dem Wetter zu überlassen. Der Berg schluckt alles, was nicht gut festgezurrt ist.
Tag 19 – 21
BASISLAGER
Nach dem Sturm liegt nun etwas Ruhe in der Luft. Man schläft viel, versucht die Energiedepots mit riesigen Tellern voller Kohlehydraten wieder aufzufüllen und wäscht sich und die Kleidung. Dazu wird Eis gehackt, geschmolzen und aufgekocht. Ein Kübel heißen Wassers muss pro Person reichen. Im engen Duschzelt leert man sich dann das Wasser schälchenweise über den Kopf. Eine richtige Dusche ist das nicht aber man fühlt sich dennoch frisch danach. Für die Kleidung verwenden wir ein biologisch abbaubares Waschgel. Der Anblick amüsiert: Lauter bärtige Alpinisten, die fröhlich ihre Unterhosen auswringen. Auf den Zeltleinen und auf den großen Steinplatten des Gletschers dürfen die frisch gewaschenen Socken, Shirts und die Unterwäsche dann im Wind und der Sonne trocknen. Die anderen beiden größeren Expeditionen, die schon früher angereist sind, machen sich derweil wieder auf den Weg hinauf. Sie waren es auch, die mit Hilfe von Hochträgern und Sherpas die Fixseile gelegt und montiert haben. Eine gute Arbeit, für die unsere Expedition eine stattliche Summe zahlen muss, um die Infrastruktur am Berg zu nutzen. In den Nächten hört man die Lawinen donnern. Der Schnee kommt bei den immer wärmer werdenden Temperaturen in Massen von den Bergen runter. Am K2 hat eine riesige Schneelawine entlang der Cesen-Route fast eine Gruppe erwischt, die Fixseile für die Besteigung des wohl gefährlichsten 8000ers legten. Kein Grund für uns, dem K2 nicht einmal einen Besuch abzustatten.
Tag 22
K2
Der K2 überschattet alles und jeden. Es ist nicht nur einer der wohl schönsten Berge, sondern auch wohl der gefährlichste aller 8000er. An keinem anderen der 14 ließen so viele Bergsteiger bei dem Versuch ihn zu besteigen, ihr Leben. Mit Oscar und Tunc haben wir zwei Profis in der Gruppe, die bereits am Gipfel des berüchtigten Berges standen. Oscar versuchte sich zudem an der schwierigsten Route auf den K2, der Magic Line. Als ob die „normalen“ Routen nicht reichen würden. Er schlug vor, die ersten paar hundert Meter der Magic Line gemeinsam zu gehen. Es würde uns leichte Kletterei bis zum Einstieg in die legendäre Route erwarten. Der Südwestpfeiler des K2 wurde seit der spanischen Expedition 2004, der auch Oscar angehörte, von keinem mehr bestiegen. Wir gingen gut eine Stunde den Gletscher aufwärts zum Basecamp des K2. Rund 40 Bergsteiger wollten in dieser Saison den zweithöchsten Berg der Erde besteigen und bereiteten gerade alles vor. Mit dabei war auch der legendäre Expeditionsleiter Russel Brice mit einer kleinen Truppe. Einem breiten Publikum wurde er durch die Fernsehsendung „Everest – Spiel mit dem Tod“ bekannt. Er lud uns zu einem herrlichen Mittagessen ein und danach gingen wir los. Alles an dem Berg ist abschreckend. Kein Weg, der dich einlädt hochzuklettern. Kein Grat, der Lust auf eine Besteigung macht. Überall Seracs, Überhänge, Lawinenkegel und Felsen. Der Berg will nicht, dass man ihn besteigt. Direkt beim Einstieg ragt ein Bein samt Expeditionsstiefel aus dem Gletschereis. Anhand des Schuhmodels können wir sagen, dass es sich um einen Kletterer aus den 90ern handeln muss, der abgestürzt ist und den der Gletscher nun Stück für Stück wieder freigibt. Ein makabrer Anblick, der sich festsetzt. Wir klettern ein paar Stunden hoch zum Materialdepot der Magic Line. Ich hätte mir nie erträumt, einmal das K2 Basislager von oben zu sehen. Für Oscar ist es ein sehr emotionaler Moment, war er doch das letzte Mal vor 13 Jahren mit einigen seiner besten Freunde hier. Die Route kann man sich ungefähr so vorstellen: Zweimal die Eiger Nordwand und noch das Matterhorn oben drauf. Wir gehen wieder runter und zurück ins Basislager. Der Berg ist nichts für mich.
Tag 26
GIPFELSTURM – CAMP 2
Es sieht noch nicht so aus, als ob sich das Wetter bessert. Aber wir gehen frühmorgens und voll bepackt dennoch los. Unser Ziel ist heute das Hochlager 2. Wir klettern im unteren Teil der Route über Lawinenkegel und müssen auch den ein oder anderen Schneeanker neu setzen. Man sinkt bei jedem Schritt tief in den Schnee ein und wir müssen uns bei der Spurarbeit abwechseln. Dank dem Wind ist die Spur nach ein paar Minuten wieder mit Schnee gefüllt. Es ist beinhart. Im Camp 1 nehmen wir unser deponiertes, zusätzliches Material auf und gehen nach einer kurzen Pause weiter. Nur dank der guten Akklimatisierung und des vielen Trainings schaffe ich die 7 Stunden bis zum Zelt in 6300 Meter halbwegs gut.
Tag 23 – 25
BASISLAGER
Laut Wetterbericht soll es in drei Tagen ein kleines Wetterfenster geben. Wir setzen den Aufstieg für das kommende Wochenende an. Bis dahin heißt es, sich vorzubereiten: Ausrüstung kontrollieren und packen, viel essen und schlafen und sich vor allem mental auf die bevorstehende Anstrengung einstellen. Im Lager werden wir in diesen Tagen von heftigen Schneefällen überrascht. Das ganze Basislager ist zugeschneit und es ist bitter kalt. Man sieht keine 50 Meter und hört nur noch die Lawinen, die aufgrund des heftigen Schneefalls an allen Seiten runterdonnern.
Tag 27
CAMP 3
Es klart etwas auf und die Sonne kommt tatsächlich einige Stunden hervor. In dieser Höhe ist die Sonneneinstrahlung aber bereits so stark, dass man kein Stück Haut der Strahlung aussetzen darf. Gut eingepackt und mit einer dicken Schicht Sonnencreme geht’s weiter hinauf. Eine Gletscherbrille verhindert, dass man schneeblind wird oder die Sonne die Augen anderweitig schädigt. Wir kämpfen uns hoch Richtung Camp 3, das wir auf rund 7300 Metern errichten möchten. Das ist an der Grenze zur berüchtigten Todeszone, in der kein Mensch länger als ein paar Tage überleben kann. Der Aufstieg ist extrem ermüdend. Alle 50 Meter muss ich pausieren, bei jedem Schritt muss 10 Mal geatmet werden. Mit den schweren Rucksäcken am Rücken zieht man sich Schritt für Schritt die Fixseile hoch. Unsere pakistanischen Hochträger und die Profis im Team leisten hier die meiste Spurarbeit. Nach gut 6 Stunden kommen wir fix und fertig an. Wir stellen schnell die Zelte auf und kochen Teewasser auf. Das Wetter hat sich wieder verschlechtert und man sieht leider weder den Gipfel und auch sonst nicht viel. Egal, wir wollen nur schlafen. Der Hunger hält sich trotz des massiven Kalorienverbrauchs in Grenzen. Ich zwinge mich, ein paar Kekse und einen Riegel zum Tee zu essen. Es ist in der letzten Flanke zum Sattel, ein Schlüsselstück der Tour, noch sehr viel Schnee. Keine Spur, keine Fixseile und erhebliche Lawinengefahr im oberen Bereich. Sieht nicht gut aus. Wir entscheiden, am nächsten Morgen über die weitere Vorgehensweise zu beraten.
Tag 28
ENTSCHEIDUNG ZUR UMKEHR
Um 4 Uhr früh weckt ein Funkspruch uns auf: „We are going down…“ Es ist ein schöner Morgen, das Panorama ist beeindruckend und der Gipfel so nah. Nur rund 700 Höhenmeter trennen uns von unserem Traumziel. Die Gruppe ist gespalten: Runter doch versuchen? Abwarten oder Kräfte schonen? Wir sind hin und hergerissen. Wir trennen uns: Tunc, Heinz und ich gehen runter. Oscar, Toni, Ali und Yussuf bleiben noch. Am Rückweg treffen wir die Furtenbach-Expedition, die ihrerseits gerade zum Lager 2 marschiert. Am nächsten Tag kommen dann auch die anderen Bergsteiger unserer Gruppe wieder ins Basecamp. Es gab keine Möglichkeit, in so einer kleinen Gruppe weiter zu steigen.
Tag 29 – 32
WIR HABEN NOCH ETWAS ZEIT
Ein Versuch ginge sich noch aus, wenn das Wetter und die Konditionen am Berg es zulassen würden. Kraft haben wir auch noch. Die Wettervorhersage ist allerdings alles andere als gut. Jeden Tag durchleben wir alle vier Jahreszeiten: Regen, Schnee, Sonne und Wind. An einem Tag ist es so warm, dass ganze Hangstücke abbrechen und sich ins Tal schieben. An anderen Tag ist es so windig, dass der Schnee in hunderten Meter langen Schneefahnen herumgewirbelt wird. Ich lese viel, schlafe noch mehr und wir verspeisen jeden Tag ganze Schlachtplatten, um unsere Reserven wieder aufzufüllen. Dennoch haben wir alle bis zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Kilos an Körpergewicht verloren. Allein in dieser Höhe verbrennt der Körper schon beinahe mehr Kalorien als man überhaupt zu sich nehmen kann. Die Hoffnung auf einen weiteren, letzten Versuch, bevor wir wieder abreisen müssen, hält uns bei Laune.
Tag 33
DER 2. VERSUCH – CAMP 2
Uns läuft schön langsam die Zeit davon. Wir haben uns von unserem letzten Versuch erholt, sind fit und gierig. Wir waren so knapp davor und in der Zwischenzeit haben ein paar Bergsteiger aus den anderen Expeditionen den Gipfel erreicht. Es ist also möglich. Wenn nur das Wetter mitspielen würde. Oscar und Tunc haben beschlossen, zu verlängern. Die beiden Profis bleiben solange es nötig ist und warten ein gutes Wetterfenster ab. Toni, Heinz und ich müssen jedoch zurück und können nicht länger warten. Zu dritt beschließen wir, ein letztes Mal hochzusteigen. Oscar, Tunc und unsere pakistanischen Freunde bleiben im Lager. Wir gehen den bekannten Weg hinauf, klettern die gleiche Route und erreichen nach 6 Stunden Lager 2. Es ist niemand mehr hier. Die anderen Expeditionen haben ihre Zelte bereits abgebrochen. Nur das Zelt der beiden Amerikaner und ein Zelt der Furtenbach-Gruppe ist noch da. In dem verlassenen Lager machen sich Krähen über die Überbleibsel der Expeditionen her. Wir beziehen unsere Zelte wieder etwas oberhalb des Lagers auf etwa 6400 Meter. Das Wetter ist fantastisch. Wir genießen den Nachmittag, es ist warm im Sonnenlicht und wir kochen ein herzhaftes Menü: Suppe, Nudeln auf Förster-Art und Schokoladenmousse. Alles aus dem Packerl aber gut. Als die Sonne hinter den Bergen verschwindet, wird es augenblicklich kalt. Wir stellten uns auf eine ebenso kalte Nacht ein. Ich schlafe in einem kleinen Zelt alleine während sich Toni und Heinz das andere Zelt teilten. An der Zeltdecke bilden sich kleine Eiskristalle, die bei jedem Mal Ausatmen mehr werden. Ein Blick auf meinen Uhren-Thermometer verrät -17°C. Das ist zum Schlafen schon etwas kühl.
Tag 34
ABBRUCH
Der nächste Morgen war wieder wunderschön, die Sonne schien aber ein heftiger Wind blies uns ins Gesicht. Weiter oben sah es noch schlimmer aus. Dichte Wirbel überzogen die Flanke rüber zum Lager 3. Wir gingen los, wurden aber schon bald auf dem Weg ins Lager 3 praktisch heruntergeweht. An einen Aufstieg oder an eine Übernachtung im Hochlager 3 war bei dem Wind und diesen Böen nicht zu denken. Wir begriffen, dass uns dieses Mal der Gipfel verwehrt blieb. Wir packten unsere Ausrüstung und gingen langsam und still an den Fixseilen wieder nach unten. Oskar, Tunc und die anderen hatten sich angesichts des vielversprechenden Wetters frühmorgens auf den Weg nach oben gemacht. Sie hatten nicht mit dem aufkommenden Wind gerechnet und drehten auch alle um. Gemeinsam kamen wir dann nach und nach im Basislager an, wo wir von unserer Küchencrew herzlichst empfangen wurden.
Tag 35
BASECAMP
Der Abmarsch stand bevor. Nach dem Abbruch hatten wir zwei Tage mehr als geplant bis zum Rückflug. Wir beschlossen, gleich abzureisen aber nicht ohne vorher noch ein großes Abschlussessen mit allen, die noch im Broad Peak Basecamp aushielten, zu feiern!
Tag 36
ALI CAMP & GONDOGORO-LA PASS
Nachdem unser Gepäck wieder auf Träger verladen war, machten Toni, Heinz und ich uns auf den Rückweg. Der Abschied war traurig und es regnete an diesem Morgen. Kein schöner Tag, um zu marschieren. Über den Gletscher ging es zurück zum Concordiaplatz, wo wir kurz rasteten. Es hatte keinen Sinn, zu warten, bis der Regen aufhörte. Wir marschierten weiter, hatten ja ganz gute Ausrüstung und bis zum Ali-Camp war es noch weit. Über den Vigne-Gletscher ging es eine gefühlte Ewigkeit über Steine, Geröll und Eis dahin. Wir warfen einen letzten Blick auf den Broad Peak und den K2, von dem wir uns immer weiter entfernten. Die Gasherbrum-Gruppe mit den anderen beiden 8000ern ragten vor uns in die Höhe. Nach rund 8 Stunden Marsch erreichten wir das Ali-Camp, wo wir drei Stunden Zeit zum Essen und Ausruhen einplanten. Mitternacht ging es schon wieder weiter rauf zum Gondogoro-La Pass. Der Pass ist eine der zwei Möglichkeiten, zu den 8000ern zu kommen. Er ist nur in der Nacht begehbar, da aufgrund seiner Steilheit tagsüber Lawinen und Steinschläge die Bergsteiger und Träger zu stark gefährden. Mitten in der Nacht schlängelte sich also eine Lichterkette an Stirnlampen die eisigen Schneefelder zum Pass empor.
Tag 37
SEICHO
Nach den ganzen Strapazen und 8 Stunden Fußmarsch in den Beinen ist der 5600 Meter hohe Pass die letzte große Hürde. Im Morgengrauen erreichen wir den Pass und klettern auf der steilen anderen Seite hinab zum Gondogorogletscher. In einem kleinen Lager trinken wir Tee und frühstücken ein wenig. Auch unseren Beinen gönnen wir etwas Rast. Dann geht es nach mittlerweile insegsamt 16 Stunden auch schon weiter. Nach Seicho sind es nochmal 6 Stunden. Immer bergab zwar und mittlerweile in immer grüner und wärmer werdender Umgebung, aber dennoch anstrengend. Irgendwann wollen selbst die abgehärtesten Beine nicht mehr gehen. Viele Kilometer und Stunden später erreichen wir dann nachmittags die kleine Oase Seicho. Hier fließen Bäche durch das Lager, es gibt Bäume, Gras, Pflanzen und eine kleine Gaststätte. Wir ordern Tee, Suppe und Hühnchen mit Chili. Der Koch geht zu seinem Hühnerstall und hält uns das größte Huhn entgegen. Ja, das wollen wir. Mit einem Messer und dem Federvieh geht er zum Bach und kommt wenig später mit dem mittlerweile küchenfertigen Huhn zurück. Es schmeckte herrlich. Todmüde nach 22 Stunden Marsch mit nur wenigen Pausen fielen wir nach dem Essen in die Schlafsäcke. Es sollte die vorerst letzte Nacht in dem Zelt sein. Nach einem Monat auf einer Matte im Schlafsack, nur mit einer dünnen Schicht Kunsstoff zwischen einem selbst und der rauhen Natur des Karakorums freuen wir uns alle am meisten auf ein Bett.
Tag 38
ZURÜCK IN DER ZIVILISATION
Nach einem Genussmarsch von Seicho nach Hushe holten uns die Jeeps dort wieder ab. Die Zivilisation hatte uns wieder. Wir fuhren zurück nach Skardu und genossen dort gleich einmal die Vorzüge der Stadt. Wir gingen Essen, tranken Kaffee in einer kleinen Bäckerei und besuchten den örtlichen Barbier. Der hatte einiges zu tun, denn keiner von uns hatte sich in den letzten 38 Tagen rasiert. So konnten wir uns nun wieder unter die Leute wagen und unsere Rückreise via Islamabad, wo wir noch ein paar schöne Tage verbrachten, in die Heimat antreten.
ENDE