Längst ist Feinstaub zu einem der größten Gesundheitsrisiken unseres modernen Zeitalters avanciert. Waren es bisher meist Meldungen aus China und Indien, lesen wir heute von drohenden Fahrverboten, die auch Europas Bürgern in vielen Großstädten blühen. Da mag die Frage kurios erscheinen, ob Abgase von LKWs oder Raucher eine größere Belastung für ihre Umwelt darstellen. Genau dieses Thema knöpfte sich aber ein italienisches Forscherteam aus gegebenem Anlass vor. Das Ergebnis ist verblüffend und verstörend zugleich.
Ein italienischer Stahlproduzent meinte es gut mit seiner Belegschaft und wollte auf dem Betriebsgelände ein totales Rauchverbot erlassen, um Nichtraucher vor dem Passivrauch zu schützen und den rauchenden Teil der Belegschaft (43%) zum Rauchausstieg zu motivieren. Als Luftbeschmutzer wollten sich die Raucher freilich nicht abqualifizieren lassen und verwiesen auf den regen LKW-Verkehr auf dem Betriebsgelände, der ja doch wohl als ungleich größere Gesundheitsbelastung zu bewerten sei als das Passivrauchen. So war nun das nationale Krebsforschungsinstitut in Mailand gefragt, den Sachverhalt objektiv aufzuklären.
Diesel-LKWs gegen Raucher im direkten Vergleichstest
Teilnehmer des Experiments waren zwei Schwerlast-LKWs, zwei Arbeiter, vier Zigaretten und ein Container. Zunächst wurden die Abgase aus dem Auspuff eines warm gelaufenen LKWs acht Minuten lang im Leerlauf in den Container geleitet. Messgeräte bestimmten darin die Feinstaubbelastung vorher und nachher. Nach vollständiger Auslüftung des Containers begab sich dann ein Arbeiter in den Container und rauchte dort innerhalb von acht Minuten zwei Zigaretten. Wieder erfolgten die Feinstaub-Messungen vorher und nachher. Zur Absicherung der Ergebnisse wurden dann beide Prozeduren nochmals mit einem weiteren LKW und einem weiteren Arbeiter mit zwei Zigaretten wiederholt.
Mit diesem Ergebnis hat niemand gerechnet…
Mit den Ergebnissen der Messungen hatten weder die Beteiligten noch die Forscher gerechnet! Denn im Inneren des Containers war die Feinstaubbelastung nach dem Zigarettenrauchen deutlich höher als nach Einleitung der LKW-Abgase. In zwei von drei Partikel-Kategorien fanden die Forscher sogar doppelt so hohe Werte bei Zigaretten im Vergleich zu den Schwerlast-LKWs. (Vgl. De Marco C, et al.: Particulate matter from diesel heavy duty trucks exhaust versus cigarettes emissions: a new educational antismoking instrument. Multidisciplinary Respiratory Medicine 2016; 11: 2. Zur Studie.)
Passivrauchen ist somit eine massive, weit unterschätzte Quelle für Luftverschmutzung, die Raucher nicht nur ihren eigenen Lungen, sondern auch ihrer Umwelt und ihren Mitmenschen zumuten. Taktlosigkeit und fehlender Anstand sind also wohl die falschen Worte für solches Fehlverhalten. Treffender wäre: Fahrlässige Körperverletzung.