Durch oft weit gereiste, nährstoff- und vitaminreiche Zutaten wird der tägliche Speiseplan optimiert und das schlechte Gewissen beim Schlemmen besänftigt. Doch müssen es wirklich immer Chiasamen, Quinoa oder Acai Beeren aus Südamerika oder Asien sein? Höchste Zeit, heimisches Superfood vor den Vorhang zu holen.
Wie super ist Superfood?
Längst sind Faktoren wie Regionalität, minimaler Ressourceneinsatz und faire Produktionsbedingungen für viele Menschen wichtige Kriterien beim täglichen Einkauf. Dennoch hat sich der Trend zu exotischem Superfood in den Regalen der Supermärkte durchgesetzt und es zählt mittlerweile auch in der eigenen Speisekammer zur Standardausstattung. In urbanen Gegenden kann auch kein trendiges Frühstückslokal mehr auf Chiasamen, Gojibeeren oder Algenpulver als Zutaten für Bowls, Salate und Smoothies verzichten. Dabei wird selten hinterfragt, welche Anbaurichtlinien vor Ort gelten, ob die Arbeit gerecht entlohnt wird oder unter welchen hygienischen Standards abgepackt und zwischengelagert wird. Lange Transportwege verursachen zudem einen großen CO2-Fußabdruck.
Blick über den Tellerrand
Muss man also auf die viel gerühmten gesundheitsfördernden Wirkungen verzichten, um mit gutem Gewissen schlemmen zu können? Man braucht nicht weit in die Vergangenheit blicken, um festzustellen, dass nährstoffreiche heimische Getreidesorten wie zum Beispiel Buchweizen und Hirse regelmäßig auf dem Speiseplan unserer Großeltern standen. Zwar nicht unter dem Begriff “Superfood”, dafür als genauso gesunde, aber günstigere Alternativen, die ohne lange Transportwege auf den Teller gelangen. Hirse strotzt, wie Quinoa, vor Eisen und bietet für Vegetarier eine wichtige, vom Körper gut verwertbare Proteinquelle. Buchweizen punktet durch seinen nussigen Geschmack und versorgt uns gleichzeitig mit Vitamin E, B1 und B2, sowie essentiellen Aminosäuren, Magnesium und Kupfer.
Heimische Stars
Ersatz für in der Ferne angebautes Getreide ist demnach leicht zu finden. Chiasamen sind jedoch einzigartig und durch nichts zu ersetzen, möchte man meinen. Weit gefehlt – heimische Leinsamen müssen den Vergleich mit den Samen der aus Mexiko stammenden Chia-Pflanze keineswegs scheuen. Sie übertrumpfen sogar den hohen Gehalt an Protein und Omega-3-Fettsäuren von Chiasamen und können auch mit deren Quellfähigkeit (Stichwort: Chia-Pudding!) locker mithalten. In veganen Backrezepten dienen geschrotete Leinsamen aufgrund ihrer Bindefähigkeit sogar vielfach als Ersatz für Eier.
Innerhalb der Superfood-Früchte stehen getrocknete Acai- und Goji-Beeren ganz oben auf der Beliebtheitsskala. Durch die Trocknung geht jedoch ein Teil der wertvollen Inhaltsstoffe verloren. Hinzu kommen dafür oft Mineralölrückstände durch dieselbetriebene Trocknungsmaschinen und Staub von der Lagerung, die letztlich in vielen Frühstücksbowls landen. Heimische Heidelbeeren strotzen, genau wie Acai-Beeren, vor Anthocyanen, die vor schädigenden Oxidationsprozessen im Körper schützen können. Sanddorn übertrumpft den Vitamin-C Gehalt von Goji-Beeren sogar und ist noch dazu günstiger als die getrocknete, exotische Frucht.
Die allseits beliebte Avocado wird aufgrund ihres hohen Gehalts an ungesättigten Fettsäuren gepriesen. Ihr Anbau benötigt jedoch viel Wasser und erfolgt aufgrund der hohen Nachfrage oft in Monokulturen unter Pestizideinsatz. Regional geerntete Walnüsse hingegen punkten mit noch höheren Werten der für das Herz-Kreislauf-System förderlichen Fettsäuren und sind zudem lange und unkompliziert lagerbar.
Bleibt noch die besonders in Smoothies und Salaten gerne verwendete Kategorie der “healthy greens”. Dabei muss man nicht unbedingt zu getrocknetem Spirulina Algenpulver greifen, das mit Schadstoffen aus der Produktion oder zu hohem Jod-Gehalt belastet sein kann. Frisches, unbehandeltes grünes Blattgemüse, wie Spinat, Grünkohl, Erbsen oder Vogerlsalat sorgt ebenfalls für den frischen grünen Farbton und liefert reichlich Chlorophyll. Der natürliche Farbstoff ist wesentlich für die Photosynthese der Pflanzen und trägt im menschlichen Körper zur Bildung neuer Blutzellen und zur Blutreinigung bei. Zudem fördert Chlorophyll die Aufnahme von Eisen und Magnesium und wirkt antioxidativ gegen freie Radikale.
Angesagte kulinarische Einsatzmöglichkeiten
Viele Argumente sprechen somit dafür, heimisches Superfood in die Küchen einziehen zu lassen. Für die Gerichte unserer Großeltern, wie Buchweizensterz und Hirsebrei, wird heute jedoch kein Foodie das Handy für Instagram-taugliche Bilder zücken. Voll im Trend liegen vielmehr folgende Einsatzmöglichkeiten – der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt:
Leinsamen
- Am besten geschrotet, um die wertvollen Nährstoffe aufnehmen zu können.
- Als zentraler Bestandteil von Low-Carb Backrezepten, wie Eiweißbrötchen, Pizzateigen oder Müslikeksen
- In Milch (alternativ in Kokos- oder Mandelmilch) gequollen als Leinsamen-Pudding
Buchweizen
- Al dente gegart als Sommer Bowl mit gegrilltem Gemüse, Schafskäse und Sonnenblumenkernen.
- Buchweizenmehl ist nicht nur glutenfrei sondern auch besonders nussig-würzig und eignet sich für Brote, Palatschinken, Kuchen und vieles mehr.
- Geröstet als knuspriges Topping für Salate oder Aufläufe
Hirse
- Hirse-Porridge bringt Abwechslung beim Frühstück und lässt sich durch mitgekochte Aromaten verfeinern, z.B. Ingwer, Orangenschale und Zimt im Winter oder gehackte Trockenfrüchte für natürliche Süße. Toppings nach Lust & Laune: ein Klecks griechisches Joghurt mit Honig, frische Früchte oder geröstete Nüsse
- Leicht zu verarbeitende Basis für Gemüse- oder Fischlaibchen
- Spannende Alternative zu Reis, Kartoffeln oder Nudeln in Aufläufen jeder Art
Heidelbeeren
- als fruchtiger Kick in sommerlichen Salaten oder zu geschmortem Wild
- Nicecream ist eine gesunde und köstliche Alternative zu Speiseeis: gefrorene Heidelbeeren mit etwas Topfen und Honig im Cutter cremig pürieren und genießen
- pur als Snack zwischendurch