Es zählt schon zu den erwartbaren Ritualen mancher Publikumsmedien und sogenannter Verbraucherschützer: Einmal werden Vitamine, Mikronährstoffe und Nahrungsergänzungsmittel entweder himmelhochjauchzend angepriesen, ein anderes Mal vor fatalen Nebenwirkungen oder fehlendem Nutzen gewarnt. Schnell findet sich immer auch ein sogenannter „Experte“, der die lancierte Information durch „fachliche Kompetenz“ untermauert und die gewünschte Botschaft mit sorgenvoller Miene transportiert. Auf dem Höhepunkt der Grippesaison und am Tiefpunkt der im Jahresverlauf schwankenden Vitamin D-Versorgung wird momentan vor der Einnahme von Vitamin D in Eigenregie gewarnt.
Zu den am eindrucksvollsten dokumentierten Wirkungen von Vitamin D3 zählen die balancierende Beeinflussung eines geschwächten oder überreagierenden Immunsystems, die Hemmung von Entzündungen und die Sicherstellung einer gut funktionierenden Entsorgung von geschädigten Zellbestandteilen. Genau dieses Wirkungsbündel benötigt der Organismus in Zeiten von Schnupfen, Halsweh, Husten und Grippe. Eindringende Erreger müssen durch ein schlagkräftiges Immunsystem bekämpft und die notwendigerweise einsetzenden Entzündungsreaktionen zu einem guten Ende gebracht werden. Die dabei zerstörten Viren, Bakterien und Zelltrümmer müssen dann abgeräumt und entsorgt werden. All dies leistet maßgeblich ein körpereigenes Steuerungshormon, das landläufig als Vitamin D3 bezeichnet wird. Es wird überwiegend durch Sonneneinstrahlung auf die Haut und in geringem Umfang auch über die Nahrung im Körper gebildet und in mehreren biochemischen Schritten aktiviert und wieder abgebaut. Ohne genügend Vitamin D gibt es also kein gesundes Leben, keinen Infektionsschutz und auch keine anpassungsfähige Entzündungskontrolle.
Vitamin D3: Grundlage von Immunbalance und Infektionsschutz
Angesichts dieser klar bewiesenen Wirkungen von Vitamin D3 ist es auch nicht verwunderlich, dass zahlreiche klinische Studien bei Kindern und Erwachsenen unter optimierter Vitamin D-Versorgung eine drastische Reduktion von Atemwegsinfektionen, Asthma-Komplikationen und dadurch bedingtem Krankenstand bestätigt haben. Doch auch bei vielen Autoimmunerkrankungen, vom Typ-1 Diabetes über das entzündliche Rheuma bis hin zur multiplen Sklerose, hat sich eine gute Vitamin D3-Versorgung oder ein höher dosierter Einsatz von Vitamin D3 als äußerst günstig erwiesen. Bei knapper bis mangelhafter Vitamin D3-Versorgung bleiben diese positiven Effekte jedoch aus: Infektionen, Autoimmunerkankungen und Entzündungen treten immer häufiger auf und nehmen einen schwereren Verlauf, je weiter nördlich Menschen leben. Ist die Vitamin D3-Versorgung im nördlichen Europa knapp bis mangelhaft? Alle ernstzunehmenden Fachgesellschaften und internationalen Organisationen bestätigen dies seit langem – nur die Verbraucherschützer und einige Interessensgruppen streiten es ab.
Der Körper ist gottlob klüger als die Warentester
Das in Drogeriemärkten und Apotheken rezeptfrei erhältliche Vitamin D3 ist biologisch inaktiv. Es bedarf also für seine Wirkung erst einer Aktivierung in der Leber, den Nieren und vielen Körpergeweben. Noch inaktives Vitamin D3 wird im Körperfett gespeichert und vor dort abgerufen und bedarfsgerecht in die aktive Form umgewandelt. Umgekehrt wird überschüssiges oder vor Ort nicht mehr benötigtes Vitamin D über mehrere Stoffwechselwege abgebaut. Dieser im Körper eingebaute Regulationsmechanismus gewährleistet, dass selbst eine stark überhöhte Zufuhr von Vitamin D3 keinen Schaden anrichtet. Große Probleme in diesem fein regulierten System entstehen hingegen, wenn sich die Vitamin D-Pools des Körpers erschöpfen und somit trotz erhöhten Bedarfs nicht ausreichend Vitamin D aktiviert und für seine Aufgaben verfügbar gemacht werden kann. Erwähnt werden diese für den Verbraucher relevanten Sachverhalte von den Warentestern aber mit keinem Wort. Nachdrücklich gewarnt wird jedoch vor Selbstbehandlungsrisiken wie Verstopfung, Durchfall, Durst, Kopfschmerzen, Herzstolpern und Müdigkeit. Das sind unspezifische Beschwerden, die keinerlei Unterscheidung zwischen Vitamin D-Mangel oder Vitamin-Überschuss erlauben. So ehrlich meinen es die „Verbraucherschützer“ mit ihren „Endverbrauchern“: Während die Folgen des in der deutschen Bevölkerung seit langem grassierenden Vitamin D3-Mangels unerwähnt bleiben, wird schon die versuchte Behebung des Mangels durch den unmündig selbsttherapierenden Bürger mit drohend erhobenem Zeigefinger zum Gesundheitsrisiko stilisiert. Zutreffend an der Warnung der Warentester ist allenfalls, dass höhere Dosierungen von Vitamin D3 mit einem Vitamin D3-kundigen Arzt abgestimmt werden sollten. Dies freilich nicht, weil eine höher dosierte Einnahme von Vitamin D3 besonders gefährlich wäre, sondern weil es generell klug ist, ein Steroidhormon wie Vitamin D3 (wie jedes andere Hormon auch) individuell und indikationsbezogen zu dosieren. Die nützlichen Effekte von Vitamin D3 auf das Immunsystem und Entzündungen erfordern nach neueren Studien eben gerade höhere Dosierungen von Vitamin D3 (2000-3000 IE/Tag und höher). Um diesen Nutzen tatsächlich ausschöpfen zu können, lohnt sich trotz guter Verträglichkeit und minimaler Risiken eine kundige ärztliche Begleitung.
Fragen Sie nicht einfach irgendeinen Arzt oder Apotheker...
Etwa zwei Drittel der deutschen Bevölkerung weisen trotz fleißiger Frequentierung der Ärzteschaft einen deutlichen bis ausgeprägten Vitamin D3-Mangel auf. Dies zeigen selbst Erhebungen der Krankenkassen, die sich ja gegen Kostenübernahmen für Vitamin D-Messungen und Vitaminpräparate sträuben. Was spricht bei so viel Gegenwind eigentlich gegen die Eigeninitiative gesundheitsbewusster Bürger, ihren Vitamin D-Mangel durch eine niedrig dosierte, tägliche Einnahme von 800-1000 IE des inaktiven Vitamin D3 abzumildern? Zumal viele Ärzte das Thema immer noch ignorieren und oft selbst auf Hinweis ihrer Patienten nicht tätig werden? Andererseits benötigen Personen mit ausgeprägtem Vitamin D3-Mangel (etwas 30-50% der Bevölkerung) mindestens 1500-2000 IE pro Tag, um ihre Vitamin D3-Versorgung auf ein vernünftiges Niveau zu bringen. Nicht die Überdosierung, sondern die viel häufigere Unterdosierung und deshalb ausbleibende Wirkung bilden das eigentliche Problem einer Selbstbehandlung mit Vitamin D. Grund genug also, die Messung der individuellen Vitamin D3-Versorgung beim Arzt durch einen simplen Bluttest überprüfen zu lassen. Am besten natürlich bei einem Arzt, der das Potential von Vitamin D3 auch ausschöpfen möchte. Am Ende einer Fortbildungsveranstaltung zum Thema Vitamin D3 meinte unlängst ein Kollege (und sein befreundeter Apotheker nickte zustimmend): „Die Daten zum Vitamin D haben mich überzeugt, aber einsetzen werde ich es wohl kaum, denn sonst bleibt ja meine Praxis leer“. Ist denn ein kultivierter Vitamin D-Mangel am Ende gar ein fruchtbarer Boden für alljährlich wiederkehrende Grippe-Epidemien, ausverkaufte Impfstoffe, randvoll gefüllte Kliniken und Arztpraxen und damit ein prächtig florierendes Krankenversorgungsgeschäft? Ein Schelm, wer auf solch abwegige Gedanken käme…