Während der Vitamin D3-Mangel in den Äquator-fernen Regionen, also bei uns auf der Nordhalbkugel, weiter grassiert, überboten sich zuletzt die sogenannten Qualitätsmedien und auch die Boulevardpresse mit Warnhinweisen vor eigenmächtiger Vitamin D-Zufuhr. Anstatt über die enorme gesundheitliche Bedeutung von Vitamin D seriös und nüchtern zu informieren, fallen in der Stimmungsmache für oder gegen das lebensnotwendige Steroidhormon wesentliche Erkenntnisse unter den Tisch. Zum Beispiel neue Studienbefunde, die eine entscheidende Bedeutung von Vitamin D3 für die Gesunderhaltung von Herz, Darm und Lunge erkennen lassen.
Unter Tausenden von Publikationen zum Thema Vitamin D3 alleine im letzten halben Jahr stechen zwei denkwürdige Studien besonders hervor, weil sie sich mit fundamentalen und für die Gesundheit der breiten Bevölkerung äußerst relevanten Zusammenhängen befassen. Ein günstiger Einfluß von Vitamin D3 auf Herz und Gefäße war immer wieder vermutet, jedoch kaum schlüssig dokumentiert worden. Und für eine wichtige Rolle von Vitamin D3 in der Vermeidung und Heilung von Infektionen sprachen zwar diverse Studienbefunde, doch über die zugrunde liegenden Wirkmechanismen von Vitamin D3 auf das Immunsystem wurde überwiegend spekuliert. Mit den nachfolgend skizzierten Studien hat sich aber nun Entscheidendes geändert.
Je ausgeprägter der Vitamin D3-Mangel, umso mehr Herztodesfälle
Den Zusammenhang zwischen Vitamin D3-Versorgung und Herzkreislaufkomplikationen untersuchte dein norwegisches Studienteam anhand von Blutproben, die von 4114 hellhäutigen Patienten mit vorbekannter stabiler Angina pectoris gewonnen worden waren. Bei der Bestimmung der Vitamin D3-Spiegel wurden nicht nur saisonale Einlüsse korrigiert, sondern auch viele Einflußfaktoren wie Lage des Studienzentrums, Alter, Geschlecht, Rauchverhalten, Körpermasse-Index, Nierenfunktion und systolischer Blutdruck statistisch berücksichtigt. Im Verlauf von knapp 12 Jahren verstarben 895 Studienteilnehmer (21,8%), 407 davon an Herz-Kreislauf-Komplikationen. Auffällig war nun, daß nicht nur die Anzahl der Herztodesfälle, sondern auch die Gesamtmortalität umso höher lagen, je tiefer die Vitamin D3-Spiegel im Plasma der Betroffenen abtauchten. Gegenüber der Gruppe mit dem stärksten Vitamin D3-Mangel ergab sich in der am besten mit Vitamin D3 versorgten Gruppe nahezu eine glatte Halbierung des Risikos, generell oder infolge Herzinfakt zu versterben! Personen mit Vitamin D3-Spiegeln im Bereich 42,5 – 100 nmol/L wiesen die geringste Gesamtmortalität und kardiovaskuläre Mortalität auf.
Gute Vitamin D3-Versorgung schützt auch das Mikrobiom der Atemwege
Kaum eine chronische Erkrankung ist derart durch ständig wiederkehrende und gefährliche Infektionen gekennzeichnet wie die Mukoviszidose (zystische Fibrose). Die Schleimhautfunktionen in Darm, Atemwegen und Bauchspeicheldrüse werden hier durch einen genetischen Defekt stark in Mitleidenschaft gezogen und verkümmern zunehmend. Ein großer Anteil der meist jungen Patienten weist zudem einen ausgeprägten Vitamin D3-Mangel auf. Gründe genug also, um den Zusammenhang zwischen Infektionen, Entzündung und Vitamin D3-Versorgung bei dieser besonderen Zielgruppe (41 Patienten) näher zu untersuchen und dabei auch die bakteriellen Besiedelungsmuster des Darmes und der Atemwege unter die molekulargenetische Lupe zu nehmen. Die Ergebnisse sind bemerkenswert: Patienten mit ausgeprägtem Vitamin D3-Mangel wiesen überwiegend einen ungünstigen Mikrobiombefund mit vermehrt krankheitsauslösenden Keimen im Darm auf. Zu einer Verbesserung der Darmflora bei Vitamin D-Mangelpatienten kam es in der randomisierten doppelblinden Plazebo-kontrollierten Studie aber nur nach Vitamin D3-Zufuhr (oral 50.000 IE/Woche), nicht jedoch bei Gabe eines Scheinmedikamentes (Plazebo). Das unter Ausgleich des Vitamin D3-Mangels binnen 3 Monaten beobachtbare Verschwinden von besonders problematischen gramnegativen Keimen aus Darm und Atemwegen war zudem von einem deutlichen Rückgang der entzündlichen Aktivität begleitet. Nicht nur bei der Behandlung, sondern auch bei der Vorbeugung von Infektionen durch Problemkeine könnte die Herstellung einer guten Vitamin D3-Versorgung also eine entscheidende Rolle spielen, und das vermutlich weit über bei die Mukoviszidose hinaus.
Bedeutung von Vitamin D3 unabhängig von Saison, Sonne und Alter
Da die Erkrankungsraten an koronarer Herzkrankheit alters- und Risikofaktoren-abhängig bereits ab dem jungen Erwachsenenalter ansteigen, sollte zum Herz- und Gefäßschutz neben den einschlägigen Lebensstilmaßnahmen auch eine gute Vitamin D3-Versorgung sichergestellt werden. Und auch die immunologische und infektionsprophylaktische Bedeutung von Vitamin D3 kann kaum überschätzt werden: Von Virusinfektionen bei Kindern, Infekt-getriggertem Asthma und wiederkehrenden Grippeepidemien über schwere Infektionen mit resistenten Klinikkeimen bis hin zum schwächelnden Immunsystem im Alter (Immunseneszenz) spannt sich der Indikationsbogen. Vitamin D3-Vorsorge als grundlegendes, lebensbegleitendes Gesunderhaltungsprinzip für Jung und Alt, unabhängig von Saison und Sonne.
Quellen:
(Degerud E. et. al., J. Clin. Endocrinol. Metab. 2018; 103: 1161-1170. Plasma 25-Hydroxyvitamin D and Mortality in Patients With Suspected Angina Pectoris.)
(Kanhere M. et. al., J. Clin. Endocrinol. Metab. 2018; 103: 564-574: Bolus Weekly Vitamin D3 Supplementation Impacts Gut and Airway Microbiota in Adults With Cystic Fibrosis: A Double-Blind, Randomized, Placebo-Controlled Clinical Trial.)