Wenn die Frühlingssonne die letzten Schneereste verdrängt und im Garten die ersten Blumen und Gewächse kraftvoll aus dem Boden sprießen, freut sich so mancher auf frische Frühlingskräuter als willkommene Zutaten in Suppe, Salat oder Teemischung. Die Auswahl möglicher Zutaten aus Wiesen und Gemüsebeeten ist groß und kann sich neben Würzstärke und Geschmacksvielfalt auch an naturheilkundlichen Eigenschaften orientieren. Denn was hübsch aussieht und gut schmeckt, kann auch Erstaunliches für die Gesundheit bewirken.
Die Liste hervorragend zum Verzehr geeigneter Frühlingskräuter ist lang und nachfolgend keineswegs ausgeschöpft: Bärlauch, Petersilie, Schnittlauch, Kresse und Sauerampfer zählen zu den Klassikern, aber auch Löwenzahn, Brennnessel, Kerbel und Spitzwegerich verdienen Beachtung. Allesamt sind sie reich an Vitaminen, Mineralstoffen, Antioxidantien, Bitterstoffen und ätherischen Ölen, wie geschaffen also, um den Appetit zu stimulieren, die Verdauungssäfte samt Harnbildung anzukurbeln und die Leber- und Darmtätigkeit zu unterstützen.
Noch viel zu selten auf dem Teller: Der gelbe Löwenzahn
Gelbe Löwenzahnblüten prägen im April und Mai das Bild nahezu jeder Frühlingswiese. Aus dem arabischen Raum stammend, hat sich der Löwenzahn bei arabischen Ärzten und später im europäischen Heilwesen über viele Jahrhunderte als abführendes und entschlackendes Heilkraut bei Fieber, Durchfall, Leber- und Gallenleiden bewährt. Nicht nur die leuchtend gelben Blütenköpfe auf hohen Stängeln, sondern auch Wurzeln und Kraut sind lecker und reich an wertvollen Inhaltsstoffen wie Sesquiterpen-Bitterstoffen, Flavonoiden, Aminosäuren, Mineralstoffen und Spurenelementen. Auch Inulin (Präbiotikum), Carotinoide, B-Komplex-Vitamine, Vitamin C und Vitamin E finden sich reichlich. Entsprechend die wohltuenden Wirkungen des Löwenzahns: leicht entwässend und abführend, entgiftungsfördernd, chologen (Gallefluß-fördernd), appetitanregend und verdauungsfördernd.
Die Brennnessel: Alles andere als lästiges Unkraut
„Heilpflanze mit uralter Tradition und wohlschmeckendes Gemüse“, so wertschätzten schon die Ärzte im antiken Rom das überall wuchernde Kraut mit stark brennenden Eigenschaften. Als bevorzugte Indikationen für seinen Einsatz galten Husten, Halsentzündungen, Lungenentzündungen, Infekte aller Art, Geschwüre und Furunkel, sowie rheumatische Erkrankungen. Doch auch seine aphrodisierende, fruchtbarkeitsfördernde und das Haarwachstum anregenden Wirkungen blieben nicht unentdeckt. Blätter, Kraut und Wurzeln enthalten Kaffeoylchinasäuren, ungesättigte Fettsäuren, Kieselsäure und Mineralstoffe wie Kalium und Kalzium, was Effekte wie Entzündungshemmung und Entwässerung gut erklärt. In den modernen Medizinbetrieb hat es die Brennnessel vor allem wegen ihrer Prostatawirkung (Verbesserung von Harnfluß und Restharnmenge, Prostatabeschwerden, Prostatavergrößerung) geschafft.
Hochaufragend, zart und unscheinbar: der Kerbel
Das „Küchenkraut des armen Mannes“ war ursprünglich vor allem in Mazedonien beheimatet, avancierte aber schon bald zum Klassiker der europäischen Klostermedizin. Vielseitig einsetzbar, wurden Schwellungen und Geschwüre, aber auch Fieber, Magenbeschwerden, Erbrechen, Verdauungsbeschwerden, Leber- und Gallenblasenleiden sowie Hautentzündungen erfolgreich behandelt. Aufgrund seines hohen Gehalts an Flavonoiden, Bitterstoffen und ätherischen Ölen wirkt Kerbel fördernd auf Gallefluß und Verdauung, entzündungshemmend, entgiftend, entwässernd und krampflösend. Im Rahmen sogenannter Frühjahr-Entgiftungskuren setzen Erfahrungsheilkundige den Kerbel gerne in Verbindung mit anderen Frühlingskräutern wie Löwenzahn und Brennnessel ein.
Kaum bekannt und meist unterschätzt: der Spitzwegerich
Schon die Assyrer, viele berühmte Ärzte der Antike und auch Hildegard von Bingen wußten um die Heilkräfte der langen und schmalen Spitzwegerich-Blätter. Infekte und Entzündungen der Ohren, oberen Luftwege und Schleimhäute im Mund- und Rachenraum sowie Hautentzündungen sind wissenschaftlich anerkannte Indikationen. In der Erfahrungsheilkunde kommt Spitzwegerich aber auch bei Husten, Asthma, Magen-Darm-Infektionen mit Durchfall, bei Hautfurunkeln, Hautverletzungen und Hämorrhoiden zum Einsatz. Angesichts von Inhaltsstoffen wie Iridoidglykosiden, Gerbstoffen, Flavonoiden und Kieselsäure lassen sich die antibakteriellen, entzündungshemmenden und adstringierenden (trocknend, blutstillend) Wirkungen gut erklären.