E-Smoking als Alternative zum konventionellen Zigarettenqualm erscheint nötig, sind die Tabak-Konzerne angesichts weltweiter Rauchverbote und nicht mehr zu kaschierenden Zuwachsraten an Lungenkrebs und chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD) doch erheblich in Misskredit- und ihre Umsätze bedenklich ins Straucheln geraten. Der über Jahrzehnte an der Nase herumgeführten Öffentlichkeit erklärt man nun frech und unverfroren, man habe sich vom durchaus risikobehafteten Rauch vergangener Zeiten längst verabschiedet und nun gesündere Alternativen zu bieten: Elektronische Zigaretten mit Dampf in zahllosen Geschmacksvarianten, nun viel gesundheitsschonender und geradezu ideal, um die alte Sucht hinter sich zu lassen und in neue Raucherlebniswelten vorzudringen.
Das Verdampfen von nikotinhaltigen, aromatisierten Lösungen („Vaping“) via E-Zigaretten und Shisha-Pfeifen hat in den USA, Europa und weltweit in jüngster Zeit epidemische Ausmaße angenommen. Immer mehr Jugendliche und sogar Kinder gehen der neuen Rauchmode auf den Leim, die von Tabakkonzernen als neues Geschäftsfeld mit maximalem Medieneinsatz und Werbegetöse vorangetrieben wird.
Bis im Juli 2019 ein US-Medienbericht über einen 26-Jährigen aus Wisconsin erheblich Sand ins Getriebe brachte: Geplagt von schlimmster Atemnot infolge Sauerstoffmangels rettete nur die sofortige künstliche Beatmung und intensivmedizinische Behandlung das Leben des Mannes, der kurz zuvor noch lustvoll an seiner E-Zigarette gezogen hatte. Aber dabei blieb es nicht. Allein zwischen Ende Juli und Mitte September 2019 trafen bei der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC (Centers of Disease Control) immer mehr Alarmmeldungen in immer kürzeren Abständen und aus inzwischen 24 Bundesstaaten ein, wo immer mehr E-Zigaretten-Raucher wegen schwerster Atemnot unter Einsatz aller intensivmedizinischen Therapiemöglichkeiten behandelt werden mussten. Binnen weniger Wochen schnellte die Zahl meist jugendlicher E-Raucher mit der gravierenden ominösen Lungenkrankheit von wenigen Dutzend auf über 2170, mit bislang gut 45 Todesfällen. Alle Betroffenen einte der Befund, dass es sich um „Vaper“, also Konsumenten von E-Zigaretten handelte. Neben Nikotin hatten sie auch Produkte auf Marihuana-Basis (THC, Tetrahydrocannabinol) vermischt mit Vitamin E-Azetat-Öl, Aromalösungen und allerlei Selbstgebrautem durch Erhitzen in ein verhängnisvolles Aerosolgemisch verwandelt und inhaliert.
Obwohl in Deutschland unzulässig, werden E-Zigaretten mit verbotenen Zusätzen (synthetische Cannabinoide, Schmerzmittel, u.a.) auch auf deutschen Schwarzmärkten vertrieben. So zeigte sich unlängst das Bremerhavener Gesundheitsamt aufgrund einschlägiger Erfahrungen besorgt über gefährliche E-Zusätze, deren Konsum zu Schwindel, Bewusstseinsstörungen, Krampfanfällen, Herzkomplikationen und psychischen Problemen führe.
Die US-Gesundheitsbehörde warnt bereits eindrücklich vor E-Smoking
Die amerikanischen CDC warnen mittlerweile auf ihrer Webseite nachdrücklich vor dem Gebrauch von E-Zigaretten. Inhaliert werde dabei nämlich keineswegs ein harmloser und angenehm parfümierter Wasserdampf, sondern ein toxisches Dampfgemisch, das neben Nikotin vor allem Chemikalien, organische Verbindungen und Schwermetalle in Form kleinster Partikel tief in die Lungenflügel trägt. Während die E-Zigarettenkonzerne noch von einer 95 % geringeren Schädlichkeit des neuen E-Rauchens fabulieren, dokumentieren Untersuchungsbefunde der Medizinischen Fakultät Wien das Auftauchen von krebserregenden Nitrosaminen, Formaldehyd und Schwermetallen wie Blei im Urin der angeblichen „Gesundraucher“. Schwerwiegende Lungenschäden und -entzündungen entwickeln sich bedenklicher Weise schon nach kurzen Expositionszeiten, mit dann rascher Drosselung des lebensnotwendigen Gasaustauschs und massiver Sauerstoffverknappung der Blutzellen. Das als typisch beschriebene Beschwerde- und Symptomenspektrum äußert sich anfangs mit Atemnot, Kurzatmigkeit, stechenden Brustschmerzen und Herzrasen, gefolgt von Husten, Fieber, Übelkeit und Durchfall. Der Zusammenbruch von Lungenfunktion und Kreislauf erfolgt dann nicht selten dramatisch mit Bluthusten, Schnappatmung, Bewusstseinsstörung und Kollaps. Das Röntgenbild in der Notaufnahme zeigt typischerweise ausgedehnte beidseitige Verschattungen der Lungenflügel.
Forscher: „Zunehmend wird klarer, was sich im Organismus abspielt“
Beim Blick durchs Mikroskop auf das geschädigte Lungengewebe entdeckten Lungenspezialisten der Mayo Clinic akute Gewebsveränderungen in Form diffuser Zerstörungen der Lungenbläschen und intensiver entzündlicher Bronchialveränderungen. Das massenhafte Auftreten schaumartiger Fresszellen (Makrophagen) und weißer Blutkörperchen (Neutrophile) in Verbindung mit der blasigen Umwandlung bestimmter Lungenzellen sei typisch für eine durch chemische Noxen ausgelöste, aggressive Schädigung und Entzündung des Lungengewebes.
Die Auswirkungen von E-Smoking auf den Organismus sind jedoch weit über die Lungen hinaus im ganzen Körper nachweisbar. Das eingeatmete Aerosol und alle darin gelösten Wirkstoffe und Toxine erreichen nicht nur die Lungen, sondern über die Riechbahn auf direktem Weg das Gehirn. Dort kommt es zu Veränderungen und Umprogrammierungen nicht nur von Gehirnzellen, Gehirnbotenstoffen (Neurotransmittern) und ganzen Signalketten, sondern auch von Stammzellen, die für Wahrnehmungsprozesse, Lernfähigkeit und Erinnerungsvermögen verantwortlich sind. Neurobiologen halten das Störpotential von längerfristigem E-Smoking auf Gehirn, Psyche, Denken, Verhalten und physische Regulationsprozesse deshalb für potentiell gravierend. Ähnlich wie in Gehirn und Lunge zeigen Untersuchungen im Tiermodell und beim Menschen erhebliche schädigende Auswirkungen des E-Smoking auch auf die Blutgefäße. Am Beispiel der giftigen Chemikalie Acrolein im E-Dampf konnte nachgewiesen werden, dass in den Gefäßzellen über eine Aktivierung des körpereigenen Enzyms NOX-2 vermehrt reaktive Sauerstoffverbindungen und oxidativer Stress entstehen, wodurch die innerste Gefäßschicht (Endothel) geschädigt- und Entzündungs- und Verkalkungsprozesse in Gang gesetzt werden.
Schon Teenager werden so an Nikotin gewöhnt
Die Behauptung, mit dem E-Smoking werde es Rauchern herkömmlicher Zigaretten erleichtert, von ihrer Sucht loszukommen, ist nicht nur fragwürdig, sondern geradezu perfide. Unabhängig erhobene Zahlen und Befunde signalisieren das Gegenteil. Vom kombinierten oder auch nur länger überlappenden Konsum von konventionellen Glimmstengeln und E-Zigaretten geht neuesten Befunden zufolge sogar ein besonders großes Gesundheitsrisiko aus. Und auf die propagierte angebliche Unbedenklichkeit fallen insbesondere jüngere Teenager, oftmals noch Kinder, herein, die so früh an das Thema Rauchen herangeführt- und systematisch mit dem Suchtstoff Nikotin in Kontakt gebracht werden. Zahlen aus Deutschland zufolge benutzen 20 % der 16- bis 29-Jährigen einen Verdampfer, eine Verdopplung allein in den letzten 4 Jahren. Eine aktuelle US-Studie (das Mindestverkaufsalter von E-Zigaretten an Jugendliche schwankt in den USA zwischen 18 und 21 Jahren) ergab, dass derzeit über 5 Millionen Jugendliche zwischen 11 und 18 Jahren E-Zigaretten konsumieren. Kinder- und Jugendpsychiater sehen sich bei Heerscharen präpubertärer Youngster mit Mehrfachabhängigkeiten (Nikotin + Cannabis + Internet) völlig neuen Herausforderungen gegenüber.
Die Behörden reagieren
„Problem erkannt, aber längst noch nicht gebannt“, gibt man sich bei der US-Gesundheitsbehörde momentan noch unschlüssig, wie die neue Sucht eingedämmt bzw. gesetzlich reguliert werden solle. Kommt doch das neue Geschäft der übermächtigen Tabaklobby samt Cannabis-Industrie in den USA und Kanada gerade erst so richtig ins Laufen. Immerhin: Nach San Francisco als erster Stadt in den USA hat nun mit Wisconsin auch der erste Bundesstaat den Verkauf und das Marketing für E-Zigaretten untersagt. Von Seiten des amerikanischen Präsidenten werde gar ein landesweites Verbot aromatisierter Liquids angedacht, unter dem nur E-Zigaretten ohne Aromastoffe erlaubt bleiben könnten. Andere Länder gehen da konsequenter voran: Thailand beispielsweise erlaubt weder das Rauchen noch den Import von E-Zigaretten und verhängt bis zu 5-jährige Haftstrafen für Zuwiderhandelnde. Goldende Zeiten brechen dagegen für E-Tabakkonzerne in Europa an: Solange E-Smoking als klimaschonend im Vergleich zu Papierzigaretten eingestuft wird, brauchen Tabak-Multis wohl kaum Gegenwind für ihre neue Überlebens- und Profitsicherungsstrategie zu befürchten. Zumal fleißige Lobbyisten längst dabei sind, großzügig Sponsorengelder zur Verfügung stellen. Und selbst das deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg gibt sich kulant und bewertet E-Smoking als zwar nicht gesundheitsfördernd, aber wenigstens als das „wahrscheinlich kleinere Übel“.