Zahnärzte sind heute wahre Zauberkünstler und fast schon Magier: Die Zeiten von Zähnebohren, Zähneziehen und Amalgamfüllungen nahezu Geschichte. Durch Bleichen („Bleaching“) lassen sich herrlich weiße Zähne zaubern. Und wo das nicht reicht, wird mit hauchdünnen Verblendschalen gearbeitet („Veneers“), zahnfarbenes Keramikmaterial implantiert oder sonstwie artistisch rekonstruiert („Bonding“). Von transparenten Zahnschienen („Aligner“) und allerlei Hightech-Schnickschnack mal ganz abgesehen. Der moderne Zahnarzt ist Dental-Ästhetiker mit höchstem zahnkosmetischen Anspruch und stellt phantasievolle Liquidationen, bei deren Anblick den Klienten die Beine schwach werden und Krankenkassen nur müde abwinken. Bei aller Faszination des dentologischen Fortschritts lässt sich aber nicht übersehen: Nichts geht über die eigenen „Beisserchen“, wenn sie gut gepflegt und in einem robusten Kieferknochen mit gesundem Zahnfleisch fest verankert sind.
Vier Schwerenöter im Mund und fast jeder hat sie
Im Grund ist es eine Abfolge von vier ineinander übergehenden Problemen, die an den Zähnen und Ihrem Halteapparat den Großschaden anrichten: bakterienbeladene Ablagerungen und Zahnstein an den Zähnen (Plaques), bakteriengetriebene Erosionen und Löcher im Zahnschmelz und im darunter liegenden Dentin (Karies), Entzündungen des Zahnfleisches (rötlich geschwollen, leicht blutend; Gingivitis) und daraus folgend das Fortschreiten von Plaques und Zahnstein in die Tiefe unter den Zahnfleischrand, meist mit Ausbildung bakteriengefüllter Zahnfleischtaschen (Parodontitis). Letzteres führt als chronisch fortschreitender Prozeß zu fortwährenden hartnäckigen Entzündungsreaktionen mit Schwund des Kieferknochens und Lockerung von Zähnen bis zu deren Ausfallen. In Deutschland weisen heute gut zwei Drittel der über 65-Jährigen eine fortgeschrittene Parodontitis auf.
Mundhygiene ist die Mutter aller Vorbeugemaßnahmen!
Zähneputzen sollten Sie mindestens zweimal pro Tag für jeweils zwei Minuten, am besten sogar nach jeder Mahlzeit. Eine Zahnbürste mit weichen Borsten und eine Fluorid-haltige Zahncreme ist alles, was man dazu braucht. Wissenschaftlich untersucht und als besonders effektiv befunden ist die Verwendung einer elektrischen Zahnbürste. Reinigen Sie Ihre Zahnbürste immer gut unter fließendem Wasser, lassen sie diese in aufrechter Position trocknen und ersetzen Sie eine abgenutzte oder ausgefranste Bürste regelmäßig. Mindestens einmal pro Tag ist zudem eine genaue Reinigung der Zahnzwischenräume mit Zahnseide („Flossen“), Zahnholz oder Interdentalbürste angesagt. Umstritten ist der regelmäßige Gebrauch von Mundwassern, die das Mikromilieu im Mund stören können. Von den gut 700 dort lebenden Bakterienarten sind viele nützlich und nur wenige schädliche Plaqueförderer, sodass eine wahllose Bekämpfung des Mikrobioms in der Mundhöhle möglicherweise mehr Schaden anrichtet als Nutzen stiftet. Ob sich dieses Vorgehen im Einzelfall günstig oder nachteilig auswirkt, wird Ihr Zahnarzt am besten beurteilen können. Künstliche Zähne („Gebissprothese“) müssen ebenfalls regelmäßig und gründlich gereinigt werden. Das Herausnehmen während der Nacht und die Aufbewahrung in einem Wasserglas gelten heute als Standard, nicht jedoch das Einlegen in aggressive Reinigungslösungen. Ihren Zahnarzt sollten Sie zu Vorbeugemaßnahmen zweimal pro Jahr aufsuchen, damit Plaques und Zahnstein regelmäßig entfernt- und beginnende Entzündungsherde im Zahnfleisch unverzüglich behandelt werden können. Diabetiker sollten besonders eng mit ihrem Hausarzt und Zahnarzt zusammenarbeiten, um aufgrund der besonderen Komplikationsanfälligkeit gezielte Vorbeugemaßnahmen festzulegen.
Zähne und Zahnfleisch profitieren von positivem Lifestyle
Eine von Kindheit an abwechslungsreiche, möglichst vegetarisch oder vegan ausgerichtete Ernährungsweise (Gemüse, Obst, Rohkost, ballaststoffreiche Vollkornprodukte) bildet die Basis für gesunde Zähne und gesundes Zahnfleisch. Strikt zu meiden sind industriell hergestellte Nahrungsmittel mit künstlich zugesetztem Zucker, zucker- und säurehaltige Getränke sowie Süßigkeiten. Das in Deutschland fast überall verfügbare kalkhaltige Trinkwasser sorgt bei einem täglichen Konsum von 2-3 Liter für eine reichliche Kalziumzufuhr. Ob jedoch genügend Kalzium aus dem Darm ins Blut und von dort in Knochen und Zähne aufgenommen wird, hängt entscheidend an einer guten Versorgung mit Vitamin D3, die bei über 80 % der Deutschen dürftig bis mangelhaft ist. 1000-2000 IE des 25-OH-Vitamin D3 pro Tag sollten es schon sein, um auf eine akzeptable Versorgungslage zu kommen. Doch damit noch nicht genug: Zu den für Zähne und Zahnfleisch besonders kritischen Mikronährstoffen zählen auch Zink, Selen, Coenzym Q10 und Vitamin C, die bei westlichem Ernährungsstil, im Alter, bei Krankheit und bei übermäßigem Alkoholkonsum kaum noch ausreichend zugeführt werden. Ein bewusst moderater Umgang mit Alkohol und Nikotin verbessert nicht nur die allgemeine Ernährungssituation und Versorgungslage mit Mikronährstoffen, sondern fördert auch die Immunabwehr in der Mundschleimhaut und beugt Krebserkrankungen an Zunge, Mundschleimhaut und Speiseröhre vor.
Was tun gegen störenden Mundgeruch?
Störender Mundgeruch sollte nicht mit alkoholischen und säurehaltigen Spüllösungen angegangen werden, sondern durch Intensivierung der Mundhygiene (regelmäßiges korrektes Zähneputzen, Flossen mit Zahnseide, Abbürsten der Zunge), durch regelmäßige zahnärztliche Prophylaxe, Behandlung von Parodontitis sowie durch Sicherstellung eines guten Speichelflusses. Neben der Vermeidung Mundgeruch-fördernder Nahrungsmittel (insb. Kaffee, Alkohol, Nikotin, Knoblauch, Zwiebeln, zuckerhaltige Lutschbonsons) empfiehlt sich der Verzehr von reichlich kauintensiver Rohkost. Hilft all dies nicht weiter, sollten Sie über Ihren Hausarzt eine Refluxerkrankung, das Vorliegen von Aussackungen der Speiseröhre sowie eine Besiedelung des Magens mit dem Keim Helicobacter pylori untersuchen lassen.