Es ist das Getränk, um das uns Mitteleuropäer die ganze Welt beneidet. Es ist fast überall zu haben, vorrätig in fast unbegrenzten Mengen und zudem verfügbar in beneidenswerter Qualität. Dazu noch kalorienarm, klimaneutral und – gut gekühlt – auch sehr erfrischend. Es geht um die faszinierende chemische Verbindung aus der Schatztruhe von Mutter Natur: das Wasser!
Wasser ist ideal geeignet zum Mischen und Verdünnen, die perfekte Basis zahlloser Vitalgetränke. In der griechischen Taverne ebenso zuhause wie beim Edel-Italiener. Mal kommt es günstig auf den Tisch, mal völlig überteuert dank edler Verpackung und gehypter Kultmarke. Alle Landlebewesen lechzen danach, bei eklatantem Mangel droht Verdursten, doch kann man auch darin ertrinken: Unser Wasser. Doch hätten Sie auch geahnt, dass Wasser, in den richtigen Mengen genossen, Ihre Gesundheit aktiv fördert und die Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen glatt halbieren kann?
Prospektive randomisierte wissenschaftliche Studien zur gesundheitlichen Relevanz von Wasser sind – wenig verwunderlich – Mangelware: Wer sollte denn auch riesige Geldsummen locker machen, um den Nutzen einer nicht patentierbaren, ubiquitär verfügbaren und spottbilligen Flüssigkeit zu untersuchen? Und doch wären solche Studien äußerst nützlich, um einige höchst relevante Fragen zu beantworten. Wer sollte wie oft täglich wieviel trinken, um seine Gesundheit bestmöglich zu erhalten, Störungen seiner Organe vorzubeugen, aber auch um Risiken durch ein Zuwenig oder Zuviel an Wasser zu vermeiden? Hängt die optimale Trinkmenge vom Alter, vom Körpergewicht oder gar vom Geschlecht ab? Sollte man regelmäßig kleinere Mengen oder lieber weniger oft, dann dafür aber größere Mengen an Flüssigkeit aufnehmen? Sollte man abgefülltes Mineralwasser dem Leitungswasser vorziehen? Und hat die heute schnell verteufelte Kohlensäure im Sprudel vielleicht auch ihre Verdienste?
Gefahren, die bei zu wenig Flüssigkeitszufuhr drohen, sind mittlerweile auch durch Studien gut belegt. Das Risikospektrum ist enorm und reicht von harmloseren Beschwerden wie Verstopfung, Hitzekollaps und grauem Star über vermehrt auftretende Stürze und Knochenbrüche, Herzprobleme, Schlaganfälle und Nierenversagen bis hin zu Nierensteinen, Harnwegsinfektionen und sogar Blasen- und Darmkrebs. Gute Gründe also, reichlich Wasser zu trinken! Doch fördert regelmäßige Flüssigkeitszufuhr (Männer 3-4 Liter/Tag, Frauen 2-3 Liter/Tag) in kleineren Portionen über den Tag verteilt auch aktiv die Gesundheit? Einige große prospektive Studien sprechen dafür, beispielweise eine riesige Untersuchung der Harvard-Universität, die bei 48.000 Männern eine glatte Halbierung des Blasenkrebs-Risikos fand, wenn zusätzlich zur Flüssigkeitsaufnahme mit dem Essen täglich 2 Liter Wasser konsumiert wurden (Risikoabsenkung um 7 % pro täglich zusätzlich getrunkenem 250 ml-Glas Wasser).
Wasser nützt nicht nur den Adventisten
Besonders markant freilich sind die Ergebnisse der Adventist-Health-Study an 20.000 Frauen und Männern aus der Region um Loma Linda in Kalifornien. Die freichristliche protestantische Religionsgemeinschaft der Siebenter-Tage-Adventisten pflegt einen ganzheitlichen gesunden Lebensstil mit überwiegend vegetarischer Ernährungsweise und Alkoholkarenz. Bezüglich ihrer Trinkeigenschaften untersucht, zeigte sich ein überraschend eindrucksvolles Ergebnis: Auch nach Korrektur für Lebensweise und Ernährungsstil verstarben Teilnehmer, die mindestens 5 Gläser Wasser pro Tag konsumierten, nur halb so häufig an Herzkreislauferkrankungen wie Gemeindemitglieder, die sich nur maximal 2 Gläser Wasser pro Tag genehmigten. Worauf der Nutzen beruht, bleibt Spekulation, doch könnte sich die verbesserte Fließeigenschaft des „flüssigeren“ Blutes positiv auf Herz und Gefäße ausgewirkt haben. Sofern auf den Normalverbraucher übertragbar, müsste man reichliches Wassertrinken (neben dem Kneipp´schen Wassertreten) dann zu den wirkungsvollsten, einfachsten und preiswertesten gesundheitlichen Vorbeugemaßnahmen rechnen.
Mit Gas oder lieber ohne?
Ob im Flugzeug oder im Restaurant, keine Bestellung von Wasser ohne die sofortige Nachfrage: „Mit oder ohne Gas?“ Und postwendend weiter: „Mit viel Gas oder wenig Gas?“ Schade eigentlich nur, dass sich Anzahl und Durchmesser der Sprudelbläschen noch nicht präzise ordern lassen. Doch was ist nun eigentlich gesünder: Wasser naturell oder das mit dem prickelnden Kick? Die Frage ist wissenschaftlich recht eindeutig anhand einer randomisierten Studie zu beantworten: Prickelndes Wasser empfanden die Teilnehmer als deutlich magen- und darmfreundlicher, denn vorhandene Probleme wie Verstopfung, Verdauungsbeschwerden, Blähbauch und Übelkeit gingen mit dem Blubberwasser eher zurück. Ob diese moderaten gesundheitlichen Vorzüge von karbonisiertem Wasser in Zeiten der Dekarbonisierung bestehen können oder bald einer Klimasteuerschere zum Opfer fallen, bleibt abzuwarten.
Welches Wasser wählen: abgefüllt oder aus dem Hahn?
Kaum etwas dürfte im deutschsprachigen Lebensraum ähnlich unbedenklich zu genießen sein wie Leitungswasser. Von behördlicher Seite sind die lebensmittelchemischen Analysen, mikrobiologischen Prüfungen und toxikologischen Tests umfassender und strikter als bei nahezu jedem abgefüllten Mineralbrunnen-Wässerchen. Auch Leitungswasser ist reich an Mineralstoffen und Spurenelementen und deckt bei einer täglichen Trinkmenge von ca. 2-3 Litern sogar den täglichen Kalziumbedarf. Wasser aus dem Hahn, in mitteleuropäischen Gefilden wohl eine der letzten Bastionen, die vom Staat noch nicht hoch besteuert oder nur elitären Bevölkerungsgruppen zugänglich gemacht wurde. Für abgefülltes Mineralwasser spricht somit wenig, zumal wenn es in Plastikflaschen daherkommt. Sollten der „Generation Klima“ nach und nach die Gesundheits- und Umweltprobleme durch Mikroplastik und Hormon-verändernden Chemikalien wie Bisphenol A (BPA) bewusster werden, dürfte einer Renaissance des Leitungswassers nichts mehr im Wege stehen.
Wenn Wasser fad schmeckt, peppt man es eben auf
In Zeiten von Edelbrausen, Energy-Boostern und Erlebnisdrinks mag manchem ein Glas Wasser wie aus der Zeit gefallen vorkommen: geschmacksneutral, langweilig, altbacken. Die moderne, geschmacklos gewordene Gesellschaft lechzt nach dem Kick auf der Zunge, dem Prickeln am Gaumen und bis ins Gehirn aufsteigenden Überraschungen. Was die Lebensmittel- und Verführungsindustrie mit chemischen Designergetränken ausnützt, lässt sich jedoch auch mit gesunden Bordmitteln und etwas Kreativität erreichen. Ein Schuss Fruchtsaft – ob Kirsche, Limette oder Granatapfel – kann Wasser zu einem leckeren und erfrischenden Durstlöscher machen. Ein paar Gurkenscheiben, etwas geraspelter Ingwer, ein Stückchen Zimtstange oder einige Minzblätter können – je nach persönlicher Vorliebe – aus einem Krug puren Leitungswassers ein spannendes Geschmackserlebnis zaubern. Haben Sie als Zutat ins gekühlte Leitungswasser schon mal ungewöhnliche Geschmacksfusionen aus Orange, Grapefruit und Basilikum oder gefrorenen Heidelbeeren mit frischem Salbei ausprobiert? Hätten Sie erwartet, dass gefrorene Erdbeeren in einem hübschen Wasserkrug einen tollen Ersatz für Eiswürfel abgeben? In Zeiten von brütender Hitze, Dürre und Einzug haltendem Wüstenklima dürfte das zumindest ein erfrischender Hoffnungsschimmer sein.