Kaum ein gesundheitliches Ereignis ändert das Leben eines aktiven Menschen derart abrupt, gravierend und nachhaltig wie ein Schlaganfall – sofern dieser überhaupt überlebt wird. Was gemeinhin als tragisches, kaum beeinflußbares Schicksal gilt, ist aber in Wahrheit oft nichts anderes als die absehbare Zuspitzung und Langzeitfolge diverser Risikofaktoren, die sich sehr wohl entschärfen lassen. Aus mehreren großen internationalen Studien sind die wesentlichen Risikofaktoren von Schlaganfällen heute gut bekannt. Und bis auf wenige Besonderheiten ähneln sie zudem dem Risikofaktorenbündel, das auch für Herzinfarkte und Nierenversagen verantwortlich zeichnet. Wie so häufig in der Vorbeugemedizin ist das Vermeiden schlimmer Gesundheitsrisiken also kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem. Durch kluge Lebensführung und Beachtung einiger wichtiger Regeln kann man also gleich drei schweren Gefäßkomplikationen und unzähligen vorzeitigen Todesfällen vorbeugen.
Ist die Durchblutung des Gehirns und damit seine Sauerstoffversorgung nur für Sekunden unterbrochen, bleibt diese sog. TIA (transitorische ischämische Attacke) zumeist ein folgenloser Warnschuß und lediglich Vorbote von Schlimmerem. Kommt es hingegen im Rahmen eines Schlaganfalls zu einer längerfristigen oder anhaltenden Unterbrechung der Gehirndurchblutung, werden größere Gehirnanteile unwiederbringlich zerstört. Abhängig vom Ort und Ausmaß der Schädigung im Gehirn resultieren dann gravierende Einbußen wichtiger Körperfunktionen (Bewegungen, Sprache, Sehen, Hören, Verstehen, Denken u.a.). Oberstes Ziel bei Hinweisen auf einen akut eingetretenen Schlaganfall muss daher die möglichst rasche Wiederherstellung der Gehirndurchblutung sein. Noch klüger und ungleich effizienter hingegen ist es, vorausschauend diejenigen Risikofaktoren zu vermeiden, die einem Schlaganfall oder Herzinfarkt den Weg bereiten.
Hightech-Medizin eröffnet Chancen, aber „Time is brain"
Ursache eines Schlaganfalls ist meist ein Gefäßverschluß (ischämischer Schlaganfall), seltener eine Blutung ins Gehirn (hämorrhagischer Schlaganfall). Aufgrund der völlig unterschiedlichen Behandlungswege ist diese Unterscheidung zum frühestmöglichen Zeitpunkt aber von zentraler Bedeutung. Während beim Gefäßverschluß die möglichst rasche Wiederherstellung der Durchblutung durch Wiedereröffnung des Gefäßes angestrebt wird, muß eine Blutung ins Gehirn möglichst rasch gestoppt und ein Blutgefäß-Leck abgedichtet werden. Welche Richtung die Behandungsmaßnahmen zu nehmen haben, entscheidet sich daher bei der rasch durchzuführenden bildgebenden Diagnostik mittels Computertomogramm (CT) oder Kernspintomographie (MRT) in der Klinik oder künftig bereits in speziell ausgerüsteten Notarztmobilen. Mittels Hightech-Medizin ist es heute zunehmend besser möglich, mittels hauchdünner Katheter bereits stark verengte oder verschlossene Gefäße wieder zu eröffnen, stabilisierende Gefäßstützen einzusetzen, verstopfende Blutgerinnsel zu entfernen oder Gefäßlecks abzudichten bzw. vom Platzen bedrohte Gefäße auszuschalten. Immer größere Erfolge erzielt man zudem durch die rasche Infusion von Hightech-Medikamenten, die das Auflösen von Blutgerinnseln forcieren. Allerdings: alle Erfolge dieser faszinierenden Entwicklungen hängen am seidenen Faden des kritischen Faktors Zeit. „Time is brain“ heißt es treffenderweise im angloamerikanischen Sprachgebrauch: Die Erfolgschancen aller noch so zielgerichteten Bemühungen sinken mit jeder Minute, die zwischen dem Einsetzen der ersten Symptome und dem Beginn der Behandlungsmaßnahmen verstreicht.
Rasch erkennen, richtig schalten, schnell reagieren!
Schon wenige, einfache Tests erlauben es auch dem medizinischen Laien, an die Möglichkeit eines Schlaganfalls zu denken, den Verdacht darauf zu erhärten und unverzüglich Notfall-Alarm auszulösen: Ist beim Betroffenen eine Gesichtshälfte beim Lächeln gelähmt oder sind Schwäche, Taubheit oder Lähmung auf einer Gesichts- oder Körperseite vorhanden? Bestehen Schwierigkeiten beim Sprechen oder Verstehen anderer Personen, z.B. mit undeutlicher, verwaschener oder unverständlicher Sprache? Sind plötzlich Sehstörungen (Verschwommensehen, Doppelbilder, Sehminderung) aufgetreten? Haben bei der betroffenen Person starker Schwindel, Gleichgewichtsprobleme, Gangunsicherheit oder Koordinationsstörungen eingesetzt? Oder wird über plötzliche, rasende Kopfschmerzen geklagt, ggf. auch zusammen mit Erbrechen, Schwindel oder Bewußtseinsstörung? Lassen sich derartige Hinweise bei einer betroffenen Person feststellen, läuft bereits die Zeit für lebens- und gehirnrettende Maßnahmen (Meldung an Rettungsleitstelle, sofortige Anforderung des Notarztes).
Vorbeugen ist sinnvoller als alle Reparaturversuche
Die moderne, aufwändige und teure Notfall- und Hightech-Medizin in allen Ehren, doch ungleich sinnvoller, segensreicher und kostengünstiger ist die Vorbeugung eines Schlaganfalls durch rechtzeitige Entschärfung der hinreichend bekannten Risikofaktoren. Ähnlich wie bei allen Gefäßverschleißerkrankungen sind dies: Bluthochdruck, Rauchen, Übergewicht, Diabetes, ungünstig verteilte Blutfette, Stress, Bewegungsmangel und Fehlernährung. Als „Trio infernale“ für den Schlaganfall durch Gefäßverschluß gelten dabei Rauchen, Diabetes und ungünstige Blutfette, zumal wenn sie in Kombination auftauchen. Die Gefahr eines Gefäßverschlusses durch ein aus dem Herz ins Gehirn verschlepptes Blutgerinnsel (Thrombus) steigt enorm bei Menschen mit Vorhofflimmern (besondere Form der Herzrhythmusstörung). Besondere Bedeutung für den Schlaganfall durch Gehirnblutung hat Bluthochdruck, weil er die Gefäße mechanisch strapaziert und Gefäßundichtigkeiten sowie Gefäßrissen Vorschub leistet.
Vier Stufen der Prävention: Nachdenken, informieren, planen, handeln
Gefäßalterung und Gefäßverschleiß machen in erster Linie dem Herz, dem Gehirn und den Nieren zu schaffen: bei kritischer Zuspitzung der Probleme drohen Herzinfarkt, Schlaganfall und Nierenversagen. So beängstigend dieses Szenario auch sein mag, so einfach und wirkungsvoll lässt sich die Gegenstrategie zusammenfassen: Vorausschauende, bewusste und kluge Lebensführung! Die Basis bilden Nikotinverzicht und Vermeidung von Übergewicht neben regelmäßiger körperlicher Aktivität und einer gesunden, naturnahen, salzsparsamen Ernährung. Zusätzlichen Gefäßschutz leisten einige Antioxidantien (Tocopherole, Tocotrienole, Selen, Coenzym Q10), Homocystein-Entgifter (B-Vitamine, Folsäure, Betain), Omega-3-Fettsäuren (Krill-Öl) und natürliche Blutdrucksenker (Magnesium, Kalium, Arginin). Bluthochdruck und Fettstoffwechselprobleme treten unter solchen Voraussetzungen nur noch selten auf und lassen sich – beim ärztlichen Check (Untersuchung, Labor) erkannt – ganzheitlich, notfalls auch medikamentös, gut kontrollieren. Mittels gefahrlosem Ultraschall-Check läßt sich der Zustand der Halsschlagader zudem direkt inspizieren und verfolgen. Und nicht zu vergessen: die familiäre Erkrankungsneigung (woran sind Oma und Opa, Mutter und Vater erkrankt oder gestorben?) bieten eine gute Orientierungsmöglichkeit für die persönlichen genetischen Erkrankungsrisiken.