Das Prostatakarzinom ist und bleibt die häufigste männliche Krebserkrankung. Nach Lungen-krebs und Darmkrebs rangiert es an dritter Stelle der häufigsten Krebstodesursachen bei Männern. Bei knapp 70.000 Neuerkrankungen sind in Deutschland pro Jahr mehr als 14.000 Todesfälle durch Prostatakrebs zu beklagen. Angesichts solch bedrückender Zahlen mögen allenfalls die 5- und 10-Jahres-Überlebensraten von 91 % bzw. 90 % Trost spenden. Vielleicht auch die Tatsache, dass der Tod durch Prostatakrebs mit Mittel erst die Altersgruppe um 80 Jahre ereilt. Erleichtert nimmt man auch zur Kenntnis, dass zwar weit über die Hälfte der älteren (60+) Männer einen Prostatakrebs beherbergt, aber nur 3 % daran letztlich versterben. Angesichts solcher Diskrepanz ahnt der Erfahrene bereits: Zuviel Früherkennung kann hier rasch in Überdiagnostik und Übertherapie ausarten und dann zum eigentlichen Problem geraten. Die Losung für kluge Männer sollte daher lauten: Lieber viel mehr in Vorbeugung als in Früherkennung investieren!
„Der schnellste Weg zur Diagnose Prostatakarzinom ist die intensive Suche danach“, lautet ein in Urologenkreisen gängiger Kalauer mit leider reichlich Wahrheitsgehalt. Und in der Tat: seriöse pathologische Untersuchungen an Unfallopfern bestätigen die erstaunliche Häufigkeit von Prostatakrebs bei Männern aller Altersgruppen: 20-29-Jährige: 9 %; 30-39-Jährige: 30 %; 40-49-Jährige: 40 %; 50-59-Jährige: 45 %; 60-69-Jährige: 68 % und 70-79-Jährige: 82 %! Welches Glück, dass die meisten der von Krebs betroffenen Männer keinen blassen Schimmer von ihrer Krankheit haben. Und dass auch ihren Ärzten – sofern sie welche konsultieren – darüber keinerlei Verdachtsmomente vorliegen. Würden nämlich alle diese im Verborgenen vor sich hin schlummernden Tumoren durch penible Früherkennungsmaßnahmen aufgedeckt und dann in bester Absicht operiert, bestrahlt oder behandelt werden, die Anzahl der Prostatakrebspatienten, der Therapiekomplikationen, der Eingriffsnebenwirkungen und die Behandlungskosten würden ins Unermessliche steigen. Ganz zu schweigen von den Nöten, dem Leiden, den berechtigten oder völlig überflüssigen Ängsten.
Prostatakrebs: Die Tücken von PSA-Markers bei der Früherkennung
Der in den letzten Jahren stark in Zweifel gezogene Prostatakrebs-“Marker“ PSA (Prostata-spezifisches Antigen) erweist sich allenfalls im Verlauf und in seiner Zunahmegeschwindigkeit („velocity“) betrachtet als Hinweisgeber auf ein Prostataproblem. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit für Prostatakrebs mit steigendem PSA-Spiegel tendenziell zunimmt, eine klare Information ergibt sich bei PSA-Werten zwischen 2,5 und 4,0 ng/ml daraus nicht. Nicht selten sind Druckbelastungen (Fahrradfahren, Geschlechtsverkehr), Infektionen oder Entzündungen der Prostata verantwortlich für auffällig erhöhte PSA-Spiegel. Und selbst bei niedrigem PSA-Spiegel (<2,5 ng/ml) ist ein bösartiger Prostatabefund keineswegs ausgeschlossen oder auch nur unwahrscheinlich (30 % der Prostatakrebspatienten haben ein PSA < 2 ng/ml). Schlüssigere Verdachtsmomente ergeben sich allenfalls bei einem kontinuierlichen oder ungewöhnlich raschen Anstieg des Gewebsmarkers.
Biopie: Ja oder Nein – Das ist längst noch nicht die einzige Frage
Und auch die zur weiteren Abklärung meist empfohlene Prostata-Gewebeprobe ist nicht ohne Tücken. Da eine Einzelbiopsie kaum Aussagekraft über das kinderfaustgroße Organ liefert, werden regelrechte Biopsie-Serien erforderlich (eine alles andere als angenehme Prozedur!), um eine flächendeckende und damit einigermaßen verlässliche Bewertung der Gewebebeschaffenheit vornehmen zu können. Doch je mehr solche Gewebsstanzen zur Erhöhung der Trefferwahrscheinlichkeit aus der Vorsteherdrüse entnommen werden – üblich sind 6-12 und mehr Biopsien – desto öfter werden auch völlig harmlose oder nur sehr langsam wachsende Tumore ans Licht geholt. Ist die Diagnose Prostatakrebs aber erst einmal gestellt, nehmen immer drängendere Fragen kein Ende mehr: Muss das behandelt werden? Werde ich daran sterben? Wie lange kann ich damit noch leben? Hat das auf meine Lebenserwartung vielleicht gar keinen Einfluss? Ist die Operation oder die Bestrahlung jetzt die beste Option? Oder sollte man ruhig Blut bewahren und lediglich weiter beobachten? Oder doch lieber das beträchtliche Risiko von Impotenz oder Inkontinenz eingehen, nur um auf der vermeintlich sicheren Seite zu sein?
Vorbeugung schlägt Früherkennung um Längen
Früherkennung von Prostatakrebs bei Männern ohne Beschwerden und auffälligen Prostatabefund ist und bleibt ein problematisches Konzept, dessen Nutzen bevölkerungsweit, aber auch im Einzelfall, äußerst umstritten ist. Ungleich sinnvoller und effektiver hingegen sind Maßnahmen der Vorbeugung und damit der Vermeidung von Prostatakrebs. Um optimale Gegenmaßnahmen ergreifen zu können, lohnt sich ein Blick auf die Liste der gesicherten oder wahrscheinlichen Risikofaktoren. Ganz oben stehen die an vielen Krankheiten und Krebsarten beteiligten „üblichen Verdächtigen“: Ungünstige Ernährung („westlicher Lebensstil“), Bewegungsmangel, Übergewicht, Insulinresistenz, Rauchen und hoher psychosozialer Stress. Umfangreiche Studiendaten unterstreichen darüber hinaus die Bedeutung von Geschlechtskrankheiten (Gonorrhoe, Syphilis), Infektionserregern (Human papilloma-Virus, HPV; Herpes-Viren; Cytomegalie-Virus; Chlamydien; Ureaplasma; Mykoplasma; Trichomonas) und chronischen Entzündungen für die anatomisch im Kreuzungspunkt zwischen Sex und Harnfluss liegende Vorsteherdrüse.
Vorbeugen ist besser als Reparieren
Trotz jahrzehntelanger intensiver Forschung ist die Ausbeute an gesicherten Informationen zur gezielten Prävention von Prostatakrebs immer noch dürftig. Wichtige allgemeine Empfehlungen sind eine gesunde Lebensführung (Nikotinkarenz, moderater Rotweinkonsum, Abbau von Stress, regenerativer Nachtschlaf), eine gesunde Ernährung (mediterran-asiatisch), regelmäßige körperliche Aktivität und die Vermeidung bzw. der Abbau von Übergewicht. Besonders prostatarelevant ist eine genitale Infektionsprophylaxe durch sexuelle Hygiene und Umsicht bei der zurückhaltenden Auswahl von Sexualpartnern und -praktiken.
Wichtiger Beitrag durch Nahrungsauswahl und ergänzende Maßnahmen
Da wachstumsfördernde (Insulin, IGF-1), oxidative und proentzündliche Mechanismen eine zentrale Rolle auf dem Weg vom gesunden Prostatagewebe in Richtung Prostatahyperplasie und Prostatakarzinom spielen, sollte die Ernährung Insulin-sparsam, anti-entzündlich und antioxidativ ausgerichtet sein, also wenig gesättigte tierische Fette (vegetarisch oder Geflügel, Wild, Fisch), wenig Milch und Milchprodukte, reichlich Bio-Gemüse und -Obst, hochwertige Öle (Rapsöl, Leinöl, Olivenöl), Zwiebeln, Kohlgemüse, Brokkoli, Sellerie, dunkle Beeren (also mehr Flavonoide, Polyphenole, Anthozyane) umfassen. Günstige Prostata-wirksame Gemüse, Gewürze und Getränke sind Tomaten (Lycopin), Trauben, Kürbis, Rote Beete, Granatapfel, Chili, Curcuma, Cayenne-Pfeffer und Grüntee. Molekulares Jod, das in Meeresalgen konzentriert wird, kann experimentellen Befunden zufolge die Teilungsraten und Entartungsneigung im Prostatagewebe hemmen und die Rückbildung entzügelter Zellen fördern. Sojaprodukte und andere Phytoöstrogen-haltige Nahrungsmittel können als natürliche 5a-Reduktase-hemmer das hormonelle Gleichgewicht der Prostata stabilisieren und Wachstumstendenzen im Keim ersticken. Unter den nahrungsergänzenden Maßnahmen zum Prostataschutz ist die aktuelle Datenlage am besten für Selen und Vitamin D3, und günstig für Zink, Vitamin C, Vitamin E (natürliche Tocopherole und Tocotrienole) und Omega-3-Fettsäuren.