CO2-sensibles Essen ist derzeit vor allem bei klimabewegten, jungen Leuten voll im Trend. In Sachen Ernährung rollt nach der vegetarischen jetzt die vegane Welle, allzeit orientiert am Weltklima und mit einem mehr als verächtlichen Blick für Ewiggestrige, die noch frech Fleisch kauen oder – einfach nur dreist – konventionelle Burger verdrücken.
Wie sonst erklärt sich der Hype um Burger „jenseits von Fleisch“, der mittlerweile nicht nur die Börse, sondern auch die ersten Billig-Discounter erfasst hat. Der moderne Mensch soll politisch korrekt, ökologisch bewusst, klimaschonend, tierfreundlich und im Einklang mit Natur und Schöpfung essen. Veggie-Burger, Smoothies und Öko-Fruchtsäfte sind das Ergebnis. Ob die gesund sind oder sogar schmecken: zweitrangig!
Über kaum etwas lässt sich bekanntlich trefflicher streiten als über das Essen. Als allgemein akzeptierter Konsens kann hier wenig gelten außer vielleicht: Purer Fruchtsaft ist Gesundheit pur, jedenfalls im Vergleich zu Brauselimonade. Oder kennen Sie jemanden, der dieser Glaubensformel vom Vital-Fruchtsaft einen Zweifel äußern würde? Zu dumm nur, dass seriöse aktuelle Ernährungsforschung genau das Gegenteil bescheinigt. Nämlich ein erheblich erhöhtes Sterberisiko bei Menschen, die ihrer Gesundheit zuliebe tief ins Portemonnaie greifen und sich regelmäßig leckeren Fruchtsaft gönnen. Und zu allem Überdruss dann auch noch ein vergleichsweise niedrigeres Herztod- und allgemeines Sterberisiko bei den gedankenlosen Konsumenten süßer Brauselimonaden im Vergleich zu den 100%–Fruchtsaft-Gesundheitsbesorgten. Was geht hier vor?
Woher der Zucker kommt, ist der Leber egal!
Daten von 13.000 über 45-jährigen Amerikanern (JAMA Netw Open, published online May 17, 2019) belegen es: Jede tägliche Zufuhr von einem Becher (350 ml) reinem Fruchtsaft erhöht die Gesamtsterblichkeit um 24 %, deutlich mehr als zuckersüße Brause mit „lediglich“ 11 %. Ob natürlicher Fruchtzucker im veganen Fruchtsaft oder künstlich zugesetzter Zucker in der Industriebrause, die Leber in ihrem metabolischen Lauf scheint sich dafür nicht zu interessieren. Zumal sich Zucker- und Kaloriengehalt im scheinbar gesunden Natursaft und im offenkundig vitalstofffreien Gesöff nicht unterscheiden. So oder so wird die Leber zunehmend Insulin-unempfindlich und verfettet, mit allen negativen Folgen für den Stoffwechsel (Hyperinsulinämie, Insulinresistenz, Entzündung, Bluthochdruck, Diabetes etc.), das Geschick von Herz und Gefäßen bis hin zur Frage der allgemeinen Überlebensfähigkeit. Die Empfehlung der Forscher, nicht nur auf Brauselimonaden, sondern auch auf gepresste oder aus Konzentrat hergestellte Fruchtsäfte zu verzichten und statt dessen die intakten Früchte vorzuziehen, gilt auch für Vegetarier und Veganer, die noch nicht um ihr Herz und Leben besorgt sind.
Intaktes Kaninchenfutter ist besser als püriertes!
Ganz ähnlich auch die Lage in Sachen Smoothies. Ein Hype ohne Gleichen, hunderte Smoothie-Ratgeber, tausende Smoothie-YouTube-Videos, Millionen an Followern und Gläubigen. Intakte Kiwis, Karotten, Knollen und Kräuter zu essen „geht ja gar nicht“. Stattdessen wird püriert, was das Zeug hält. Kein Obst, Gemüse oder Gras, das im Blender nicht geschreddert und zu trinkbarem Brei umgearbeitet würde. Das Zerstörungswerk endet erst, wenn das Fruchtfleisch rückstandslos zerquetscht-, die letzte Zellwand zerhackt- und alle für den Darm so förderlichen Ballaststoffe homogen pulverisiert sind. Dann erst, wenn der Zucker ungebremst auf die Darmwand trifft und verzögerungslos via Pfortader die Leber überflutet, scheint man vom gesundheitlichen Nutzen restlos überzeugt. „Smoothies – der Königinnenweg zu Übergewicht und Fettleber“ wäre ein hübscher Titel für den ersten fachlich fundierten Ratgeber, der allerdings erst noch geschrieben werden müsste.
Zum Schrecken aller Klimaleugner: die Veggie-Burger-Welle rollt
Zugegeben, die ersten Versuche europäischer Vegetariertempel, fleischlose Bratlinge zwischen zwei getoasteten Weißmehllappen auf den Teller zu bringen, gerieten wenig verlockend und schmeckten eher muffig. Hartgesottene Steak- und Hackfleischburger-Fans waren damit nicht zu überzeugen. Nun aber schwappt – der gesteigerten Klimasensibilität sei es gedankt – ein Veggie-Burger-Orkan ungeahnten Ausmaßes über den großen Teich aus dem ansonsten so skeptisch beäugten Amerika! Und was von der Listung an der Börse bis in den Discounter nur wenige Wochen brauchte, dauerte bis zum restlosen Ausverkauf der Ware dann nur noch Stunden. Den neuen industriellen Veggie-Burger zu verkosten, war bislang erst wenigen Testern vergönnt, doch sollen Konsistenz und Haptik am Gaumen rauschartige Zustände hervorgerufen haben. Ein Blick auf die Zutatenliste könnte Informierte ernüchtern: Aufbereitetes Erbseneiweiß vermischt mit Rapsöl, raffiniertem Kokosfett und Wasser sind die Hauptkomponenten. Durch ausgetüfteltes Erhitzen, Abkühlen und Pressen wird ein Fleisch-ähnliches Komprimat erzeugt. Die geschmackliche Abstimmung erfolgt durch Zumischung von Zellulose, Kartoffelstärke (Zucker), Maltodextrin (nochmals Zucker), Hefeextrakt (Geschmacksverstärker), Salz, Sonnenblumenöl, Glyzerin, Trockenhefe, Gummi Arabicum, Ascorbinsäure, Rübensaftextrakt (noch mehr Zucker), Essigsäure, Bernsteinsäure und modifizierte Lebensmittelstärke (Fettersatz). Mit diesem bemerkenswerten lebensmittelchemischen Cocktail beginnt der Siegeszug der Jenseits-von-Fleisch-Burger in der Neuen, Klima-erwachten Welt. In der Basisversion kommt die 113 Gramm Eiweiß-Wasser-Öl-Frikadelle auf 270 kcal, soll jedoch nach Hersteller-Empfehlung mit Käse, Soße, zwei Weißmehllappen und Pommes unschwer zur Fett-Zucker-Kalorien-Bombe aufgemotzt werden können. Menschen, die abnehmen, nicht zunehmen oder nur gesund bleiben wollen, ist vom häufigeren Verzehr aus ärztlicher Sicht dringend abzuraten. Konzidieren muss man den Burger-Patties jedoch Veganität, Klimakompatibilität, vermutliche CO2-Steuerneutralität und Zeitgeistigkeit. Bezüglich CO2-Emmission nach Darmpassage stehen Messungen noch aus, ebenso wie Studien zu Verträglichkeit, Toxizität und Langzeit-Nebenwirkungen.
Gesunde Ernährung könnte eigentlich so einfach sein!
Statt Massentierhaltung nun also ökologisch und artgerecht herangereiftes Fleisch. Obst und Gemüse – statt von der anderen Globushälfte herbeigeflogen –vor Ort angebaut. Statt unreif geerntet und im Kühlhaus konserviert lieber saisonal und reif auf den Tisch. Statt mit Antibiotika, Hormonen, Pestiziden und anderen Chemikalien verseucht, lieber ökologisch hergestellt. Wer möchte sich in der heutigen Umwelt- und Klimabewussten Zeit solchen gesunden und sinnvollen Alternativen wirklich verschließen? Mehr Gemüse, Früchte, Obst, wenig Fleisch, aber ohne Verbote. Warum nicht einfach eine vegetarisch ausgerichtete Mischkost mediterraner Prägung, die nicht nur wissenschaftlich fundiert ist, sondern auch noch schmeckt? Wozu klima-bigotte und militante Verteufelung von Fleisch oder Fisch, wenn ein vegetarisch-flexitarischer Ernährungsstil der körperlichen und psychischen Gesundheit beste Dienste leistet? Warum Verdauung- und Mikrobiom-freundliche Früchte zu metabolischen Problemsäften pressen, warum intakte Früchte und Gemüse zerhacken und zu Trinkbrei pürieren anstatt sie so zu genießen, wie die Natur sie liefert? Warum Gemüse und Früchte zerstampfen, industriell umackern und mit fragwürdigen Zusatzstoffen vermischen, um mit derlei Fleischersatz dann doch nur wieder den faden Anschein von Fleisch erwecken zu wollen? Wer will denn so was? Und wer braucht denn so was?