Wir befinden uns momentan schon sehr lange in einem Ausnahmezustand. Weniges ist wie gewohnt, dafür Vieles neu und sehr herausfordernd. Unsere Gesellschaft, in der alles immer schneller und besser funktionieren muss, wird hart und massiv eingebremst. Eine Aussicht auf Besserung kommt zögerlich.
Durch diese Umstände fängt auch unsere Seele an zu leiden. Psychischer Stress ist ein Hauptfaktor für Unzufriedenheit, Ängste, Insuffizienzgefühl, Aggression und Schlaflosigkeit welche möglichen Symptome einer seelischen Belastung und Depression sein können. Nicht selten entwickelt sich aus einer derartigen psychischen Dauerbelastung eine physische Krankheit. Deswegen muss man die ersten Anzeichen einer seelischen Belastung erkennen und entsprechend handeln.
Nicht immer weisen die gleichen Anzeichen auf eine seelische Störung hin, schließlich reagieren Menschen meist unterschiedlich.
Symptome können sein:
- Nicht zur Ruhe kommen, dauernder innerer Stress
- Innere Anspannung, keine Möglichkeit zu entspannen
- Verändertes Sozialverhalten, Rückzug, Gereiztheit, Ungeduld
- Starke Angstgefühle
- Geringer Selbstwert
- Leistungseinbußen, sinkende Effektivität, verlangsamtes Arbeiten
- Ständiges Klagen
- Körperliche Angeschlagenheit
- Einschlaf- und Durchschlafprobleme
Gründe für eine depressive Verstimmung
Genau wie eine Depression, die eine schwere Erkrankung darstellt, kann auch eine depressive Verstimmung durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden:
- bestimmte Medikamente Alkohol, Gifte oder Drogen
- Stoffwechselerkrankungen
- hormonelle Schwankungen (depressive Verstimmung vor/während der Menstruation oder Schwangerschaft, Wochenbettdepression, depressive Verstimmung in den Wechseljahren)
- genetische Veranlagung
- Stress oder gestörter Tag-/Nachtrhythmus
- Mangel an Tageslicht (Saisonale- oder Winterdepression)
- äußere Faktoren (Unfälle, Traumata, Trauer, chronische Krankheiten mit schwerwiegenden körperlichen Einschränkungen)
Je früher eine psychische Störung erkannt und behandelt wird, desto schneller kann man sie in den Griff bekommen.
Therapiemöglichkeiten
Neben einer Psychotherapie sind Antidepressiva, insbesondere SSRIs (selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer) wie z.B. Cipralex, Citalopram, Fluoxetin oder Seropram der Therapiestandard.
Alternative Behandlungsmöglichkeiten
Vitamin D
Vitamin-D-Mangel (< 30 ng/ml) ist signifikant mit Depressionen und psychischen Wohlbefinden assoziiert. Das Sonnenvitamin spielt eine zentrale Rolle bei der Bildung von Serotonin und Dopamin. Es kann nur bedingt über die Nahrung zugeführt werden, lediglich in Leber, fettem Seefisch, verschiedenen Pilzen, Vollmilch oder Eigelb ist es enthalten. Wer sich vegan ernährt, hat kaum eine Chance, sich damit im ausreichenden Maße zu versorgen. Studien fanden heraus, dass Menschen mit Depressionen einen deutlich niedrigeren Vitamin-D-Spiegel hatten als gesunde Vergleichspersonen.
5-HTP (5-Hydroxytryptophan)
In der Nahrung wird die Aminosäure L-Tryptophan aufgenommen, aus der im Körper 5-HTP und schließlich der Transmitter Serotonin gebildet wird. Schweinefleisch, Hühnerfleisch, roher Lachs, Sojabohnen, Cashewnüsse, Erbsen, ungesüßter Kakao, Eier oder Haferflocken enthalten diese Aminosäure. Serotonin ist im Gehirn für unser Wohlbefinden verantwortlich und auch der Ansatzpunkt der meisten gängigen Antidepressiva. L-Tryptophan ist allerdings jene Aminosäure, die den geringsten Anteil in der Nahrung hat. Somit muss es zumeist über hochwertige Nahrungsergänzungsmittel zugeführt werden.
Johanniskraut (Hypericum perforatum)
Johanniskraut ist besonders bei leichten depressiven Zuständen ein wirksamen Naturheilmittel. Das Heilkraut beeinflusst die Signalübertragung im Nervensystem und wirkt somit ähnlich wie ein Antidepressivum. Prof. Dr. med. Volker Faust von der Arbeitsgemeinschaft Psychosoziale Gesundheit veröffentlichte 1997 einen umfassenden Artikel(1) über die wachsende Bedeutung von Johanniskraut bei der Behandlung auch schwerer Depressionen, dokumentiert durch mehr als 40 verschiedene Studien. Die hervorragende Wirkung von Adhyperforin – welches im Johanniskraut enthalten ist – bei selbst schweren Depressionen, kann diese neuere Studie(2) bestärken.
Allerdings kann die Einnahme von Johanniskraut in der Leber zu verstärkter Bildung von einem Enzym (Cyp3A4) führen, durch das verschiedenen Medikamente abgebaut werden. Es kann dadurch zu einer verminderten Wirksamkeit der Pille kommen. Interaktionen mit anderen Medikamenten sind auch möglich. So kann Johanniskraut auch zu einer verstärkten Wirkung von Antidepressiva führen. Eine weitere Eigenschaft von Johanniskraut ist das Auftreten einer deutlichen Lichtempfindlichkeit. Deshalb sollte eine Therapie mit Johanniskraut immer mit einem Arzt oder Therapeuten abgesprochen werden.
Zitronenmelisse (Melissa officinalis)
Sie gilt als eine der beliebtesten Heilpflanzen Europas. In Südeuropa wird sie auch als „Herzensfreude“ bezeichnet. Der berühmte persische Arzt „Avicenna“ nahm sie um das Jahr 1000 in sein Kräutermedizinbuch mit dem Hinweis auf, dass sie das Herz erheitert und zugleich stärkt. Ihr Einsatzgebiet reicht von nervösen Zuständen, Angstzuständen, Abgespanntheit, Gedächtnisschwäche, verminderte Leistung bis hin zu Brustbeklemmungen. In Studien wurde die stimmungsaufhellende Wirkung mehrfach nachgewiesen(3). Schon Hildegard von Bingen schrieb: „Melisse ist warm und der Mensch, der sie isst, lacht gern, da ihre Wärme seine Milz berührt und dadurch das Herz erfreut.“
Meditation und Entspannung
Verschiedene Meditationstechniken helfen insbesondere bei stressbedingten Depressionen. Stress ist heutzutage fast immer mitverantwortlich für das Entstehen einer Depression.
Insbesondere für auf „Mindfulness“ orientierte Mediations-Richtungen gibt es deutliche medizinische Evidenzen. „Mindfulness“ bedeutet, den Fokus der Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment zu legen. Das heißt, gedanklich nicht immer mit etwas beschäftigt zu sein, was in der Zukunft oder der Vergangenheit liegt, sondern ganz im gegenwärtigen Moment zu sein. Im Hier und Jetzt verankert zu sein ist ein Zustand, den wir ganz im Besonderen lernen müssen um Depression und Ängsten vorzubeugen und um dem heutigen gesellschaftlichen Druck gewachsen zu sein. So können Ängste und bereits bestehende Depressionen mit bewährten Entspannungsmethoden hilfreich aufgehalten werden.
Sport und Bewegung in der freien Natur
Sport führt auf biologischer Ebene zu einem Abbau von Stresshormonen und zur Ausschüttung von BDNF (brain derived neurotropic factor), die Nervenzellen im Gehirn reparieren. Auf psychologischer Ebene kommt es zu einer Stärkung des Selbstbewusstseins und über die verbesserte körperliche Fitness zu mehr Selbstbewusstsein und seelischen Ausgleich. Ausdauer ist die Fähigkeit, eine bestimmte Belastung durch körperliche Bewegung über einen bestimmten Zeitraum durchhalten zu können, ohne so zu ermüden oder außer Atem zu kommen so dass man aufhören muss. An dieser Ausdauer ist auch das Nervensystem beteiligt. Wird dieses gefordert und trainiert wird auch die Leistung des Nervensystems verbessert.
Quellen:
1) Prof. Dr. med. Volker Faust: Seelische Störungen erkennen, verstehen, verhindern, behandeln. In: PSYCHIATRIE HEUTE. https://www.gesundenatur.info/docs/johanniskraut-depression-3.pdf
2) Jiangwei Tian et al.: Antidepressant-like activity of adhyperforin, a novel constituent of Hypericum perforatum L. (2014). https://www.nature.com/articles/srep05632
3) D.O. Kennedy et al.: Modulation of Mood and Cognitive Performance Following Acute Administration of Single Doses of Melissa Officinalis (Lemon Balm) with Human CNS Nicotinic and Muscarinic Receptor-Binding Properties. (2013). https://www.nature.com/articles/1300230