Der Corona-Impf-Hype lässt einen staunen: 6-7 Milliarden Impfdosen pro Jahr werden von weltweit agierenden Impfstoff-Allianzen angepeilt. Aktuell geht man davon aus, dass bis Ende 2021 der größte Teil der Weltbevölkerung durchgeimpft- und die Pandemie damit beendet sein wird.
Zunächst alles auf freiwilliger Basis und für vernünftige besorgte Bürger, versteht sich. Zur Rettung der weltweiten Wirtschaft und aller zivilisatorischen Errungenschaften, was denn sonst? Das Ganze zum Freundschaftspreis von gut 20 US-Dollar pro Nase oder etwas mehr. Für finanzschwache Kunden werde es Preisnachlässe geben, gerne auch kostenlose Impfprogramme für dankbare Entwicklungsländer. Für notorisch Impfunwillige sei zunächst Nudging-Nachhilfe angedacht, gefolgt vom drohenden Zeigefinger bis hin zu Handfesterem, Restriktionen etwa oder sozialem Druck, nein Gewalt wolle man – wo immer möglich – vermeiden. Gleichwohl sieht Australiens Premierminister Zwangsimpfungen als Weg der Vernunft in eine bessere Zukunft. In jedem Fall sei, komme was wolle, von einem großen Erfolg der weltweiten Impfkampagne auszugehen. Die Welt werde danach zwar eine andere sein, aber wieder zu einem sicheren, bewohnbaren und zukunftsfähigen Planeten werden. Die Handlungsfähigkeit und Reputation von internationalen Organisationen und Politikern weltweit werde damit unter Beweis gestellt, für eine neue Normalität nach einer größeren Transformation.
Weltweites Impfstoffrennen
Es klingt fast wie im Märchen und wie der Beginn einer neuen Zeitrechnung. Brauchte es in finsteren mittelalterlichen Zeiten, also bis Anfang 2020, noch gut 5-10 Jahre für die Entwicklung eines wirksamen und sicheren Impfstoffes auf konventioneller Basis, geht es jetzt – den neuen molekulargenetischen Errungenschaften sei Dank – mit Lichtgeschwindigkeit voran. Offiziell vor kaum 6 Monaten gestartet, liefern sich mittlerweile weltweit dutzende etablierte und kaum aus der Wiege gehobene Biotechfirmen ein atemberaubendes Galopprennen um das frühestmögliche und damit potentiell lukrativste Impfstoff-Finish. Über 170 verschiedene Impfstoff-Kandidaten sind derzeit in Entwicklung und Erprobung. Die Zuversicht ist so überwältigend und die Berichte über den bevorstehenden Abschluss der Entwicklungsarbeiten so euphorisch, fast möchte man meinen, die Firmen hätten das Impfprogramm in Vorahnung der Pandemie schon vor Jahren gestartet. Nichts scheint den Beginn der ersten Reihenimpfungen spätestens Anfang 2020 noch aufhalten zu können. Diskutiert wird nicht ob, sondern wen man zuerst impfen soll, welche Berufsgruppen die höchste gesellschaftliche Priorität genießen sollen, um in den Genuss der lebensrettenden Vorbeugemaßnahme zu gelangen. Erstmals wollen Politiker -so hört man – hier auf ihr Privileg, mit gutem Beispiel voranzuschreiten, verzichten und anderen, wichtigeren Mitgliedern der Zivilgesellschaft den Vortritt lassen.
Impfstoffentwicklung auf Hochtouren
Die Anstrengungen der EU in Sachen Corona-Impfstoff sind bemerkenswert. Kaum jemals zuvor wurde ein ähnlich dimensioniertes Projekt schneller beschlossen, intensiver betrieben, mit so riesigen Finanzmitteln ausgestattet und regulatorisch hurtig durchgewunken. Weil jetzt plötzlich alle an einem Strang ziehen, rast der Impfstoffzug jetzt im Eiltempo, wo er sonst nur von Blockade zu Entscheidungshürde bummelt. Milliarden wurden in der EU und in den USA quasi über Nacht für eine gigantische Impfstoff-Initiative bereitgestellt, das finanzielle Risiko der Impfstoffentwickler und Haftungsrisiken der Pharmakonzerne nahezu weggefegt, Hunderte von Millionen Impfstoff-Dosen bei diversen potentiellen Herstellern schon mal ins Blaue geordert. Es wurde eine regelrechte Goldgräberstimmung ohne Hürden und Bedingungen geschaffen. Und in Deutschland das Ganze gleich nochmal: Dutzende Millionen an Forschungsbeihilfen vergeben, viele Millionen an erhofften Impfstoff-Dosen geordert, nie dagewesene Staatsbeteiligungen an Impfstoffherstellern eingegangen, Börsengänge mitgebahnt und Abnahmeverpflichtungen getätigt. Ja, es wird sogar schon darüber nachgedacht, wie man mit Ärzten verfahren solle, die sich der Aufforderung zur Impfung gegenüber als störrisch erweisen könnten. Kurzum, ein atemberaubender und überbordender Aktionismus, wie man ihn der sonst eher trägen politischen Elite kaum noch zugetraut hätte.
Lassen sich Russland und China noch abfangen?
Nicht die USA, nicht Großbritannien, nicht die EU und schon gar nicht Deutschland scheinen im Impfstoffwettlauf vorn zu liegen, sondern der Impfstoff-Nobody Russland hat über Nacht einen Impfstoff zugelassen. Putins PR-Coup in Ehren, doch ist es vorstellbar, dass eine strenge Staatspartei ganz im fernen Osten einen nicht-chinesischen Impfstoff-Siegeszug gewähren ließe? Wilde Spekulationen in allerlei Medien schießen da schnell ins Kraut: Kannten diese Länder das Virus vielleicht schon länger und haben sich so einen unerlaubten Frühstart im Impfwettlauf ergaunert? Oder wurden wichtige Zulassungshürden einfach übersprungen? Könnte eine Sicherheitstestung des Impfstoffes dank totalitärer Gesellschaftssysteme gar mit der Anwendungsphase in der breiten Bevölkerung zusammengelegt werden? „Zu schnell entwickelt, zu wenig getestet, nichts dahinter“, lautet denn auch gleich das einheitliche Urteil der westlichen Medien-Impf-Jury. Nur, weiß eigentlich irgendjemand irgendetwas Zuverlässiges über diese wie auch immer zu bewertenden Vakzinen aus kommunistischen Gefilden?
Neue, völlig unerprobte Impfstofftechnologie
Nicht wenige klassische Impfungen, über Jahrzehnte und Generationen fortentwickelt, optimiert und als wirksam und sicher überprüft, haben den Test der Zeit bestanden und sich als segensreiche Bereicherung der Medizin etabliert. Man denke nur an Polio, Tetanus oder Hepatitis B. Auch beim Thema Masern, Frühsommer-Meningoenzephalitits oder Pneumokokken würden selbst kritische Experten den Daumen für bestimmte Zielgruppen eher heben als senken. Sogar Grippeschutzimpfung mag noch als vernünftige Schutzmaßnahme durchgehen, weil sie im ungünstigsten Fall wenig Schaden anrichtet. Nun aber bei SARS-Cov-2 erstmals ein völlig neuer Impfansatz, der – hektisch im weltweiten Konkurrenzkampf forciert – bislang noch nie am Menschen für eine erfolgreiche Impfstoffherstellung Pate stand. Eine genetische mRNA-Impfung mit nicht nur in Kauf genommener, sondern geplanter Erbgutveränderung, ohne Versuch-und-Irrtum-Historie, und all das bei einem ohnehin schwierigen RNA-Virus, das sich ständig ändert und kaum prognostizierbar zum Besseren oder Schlimmeren mutiert? Ein bislang unerprobter Eingriff ins Erbgut ohne Ahnung von den Langzeitfolgen, ausgerichtet auf ein Virus, das noch nicht ansatzweise verstanden ist, dessen Interaktionen mit dem Immunsystem noch weithin unbekannt, aber täglich für überraschende neue Erkenntnisse gut sind? Wie kalkuliert man das Risiko, nicht genau zu wissen, wogegen man eigentlich impfen soll, welche Immunzell-Netzwerke wie reagieren werden, ob man bei bis dato Gesunden einen gefürchteten Zytokinsturm erst auslöst, ob man den Viruseintritt in die Zelle am Ende gar noch fördert anstatt ihn zu hemmen? Ob die fast überall im Körper präsenten Virusandockstellen, die ja auch als Hormon- und Medikamentenrezeptoren dienen, günstig oder grob zum Nachteil beeinflusst werden? Ungelöste Fragen ohne Ende, auf die man nicht im Eiltempo, sondern mit wissenschaftlicher Akribie und Geduld Antworten suchen sollte. Und woran wird man einen Impferfolg festmachen, an fragwürdigen und nur passager vorhandenen Antikörpern, an schwierig zu messenden Erinnerungs-T-Zellen, oder an einer ausbleibenden Infektion von nur PCR-positiv Getesteten, die schon heute – ungeimpft – kaum erkranken? Wer soll all das so schnell durchdenken, überprüfen, abwägen, die Wirksamkeit bescheinigen und die langfristige Sicherheit garantieren? Für die „schnellste Impfstoff-Zulassung aller Zeiten“, aber natürlich mit der „gebotenen Vorsicht, Umsicht und Sicherheit“, wie das Paul-Ehrlich-Institut treuherzig verkündet.
Erst testen, testen, testen, dann impfen, impfen, impfen?
Ein Zurück zur alten Normalität vor Corona will die Politik bereits ausschließen. Selbst eine neue Normalität könne den Bürgerinnen und Bürgern nur in Aussicht gestellt werden, wenn ein Impfstoff verfügbar sei, so heißt es. Erst wenn im großen Stil Impfungen erfolgreich durchgeführt seien, könne man an lebenserleichternde Umstände wie ein Ende der Maskenpflicht und eine Rücknahme weit in die Zukunft geplanter Lockdown-Bestrebungen nachdenken. Mit den ersten Impfungen könne womöglich schon in wenigen Monaten begonnen werden, meint gestern ein Experte. Fast zeitgleich gibt sich heute ein anderer besorgt, mit der Entwicklung eines wirksamen und sicheren Impfstoffs könne es sogar noch Jahre dauern. Nur Stunden später verkündet ein TV-affiner Virologe, das Virus sei bereits mutiert, die Pandemie deshalb jetzt nur noch auf Schnupfenniveau. Aber wer braucht dann noch einen Impfstoff, zumal wenn dieser aufgrund ständiger Virusmutationen schwierig abzustimmen sei und ohnehin keine durchschlagende Schutzwirkung erwarten lasse? Und wer braucht dann noch Virologen und andere geschwätzige Experten? Sollte sich das gemeine Volk da nicht glücklich schätzen, wenn es sich wenigstens auf Politiker verlassen kann, die sich auskennen, nachvollziehbar handeln, einen festen Plan verfolgen und vor allem keine unnötige Panik aufkommen lassen?