Von mehr als 10.000 in einem Zeitraum von 30 Tagen in Kliniken aufgenommenen Patienten litten von denen, bei denen eine Medikamenteneinnahme dokumentiert war, 11,6 % unter unerwünschten Arzneimittel-Nebenwirkungen, wobei die meisten der Betroffenen älter waren und im Durchschnitt 7 Medikamente einnahmen. Häufige Symptome waren z.B. Erbrechen, Übelkeit, Bauchschmerzen, Schwindel und Ohnmachtsanfälle, wobei die Nebenwirkungen bei 89 % dieser Patienten so schwer waren, dass sie stationär aufgenommen werden mussten.
Einfache Begründungen für die Häufigkeit von Arzneimittel-Nebenwirkungen sind, dass insbesondere ältere Patienten viele teilweise sehr nebenwirkungsreiche Medikamente einnehmen, dass zu viele Medikamente unkritisch verordnet werden und dass es nach dem aktuellen Wissensstand bei mehr als fünf nebeneinander eingenommenen Medikamenten zu unkontrollierten Interaktionen kommt. Zudem arbeitet der Stoffwechsel älterer Menschen langsamer beziehungsweise entgiftet die Leber schlechter und scheidet die Niere schlechter aus.
Die Konsequenz aus diesem Wissen sollte für Ärzte und natürlich auch für Heilpraktiker sein, dass sie insgesamt weniger und nur die unbedingt notwendigen Medikamente verordnen, dass sie nur Medikamente mit einem geringen Nebenwirkungsrisiko verordnen, dass sie nur Medikamente verordnen, deren Nebenwirkungsprofil sie genau kennen und dass sie insbesondere bei älteren Patienten bestimmte Medikamente, die zum Beispiel in der sogenannten Priscus-Liste enthalten sind, ohne Not gar nicht mehr verordnen.
Quellen:
Siegmund-Schultze N; Polypharmakotherapie im Alter – Weniger Medikamente sind oft mehr; Deutsches Ärzteblatt 2012; 109,9.420; BfArM, SZ 13.4.2018
PRISCUS-Liste potenziell inadäquater Medikation für ältere Menschen